Leidenschaftlicher Schiller

»Die geliebten Schwestern« von Dominik Graf

  • Elke Vogel
  • Lesedauer: 3 Min.

Diese Liebe bricht alle Konventionen. Der aufsässige, »Räuber«-Autor Friedrich Schiller liebt die adeligen Geschwister Caroline von Beulwitz und Charlotte von Lengefeld. Und »Die geliebten Schwestern« beschließen, ihre Zuneigung zu dem Dichter auszuleben und beginnen eine gefährliche Liebschaft zu dritt. Doch wie lässt sich in solch einem fragilen Liebesdreieck die emotionale Balance halten?, fragt Regisseur Dominik Graf in seinem 139 Minuten langen Kino-Epos, das auf wahren Begebenheiten beruht.

Im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale feierte Graf (»Im Angesicht des Verbrechens«) die Weltpremiere seines Werks und ließ den Gefühlen - und mit einer Festivalfassung von 170 Minuten auch der Zeit - freien Lauf. Der mit theatralischen Mitteln inszenierte Kostümfilm, bei dem Graf selbst als Off-Sprecher das Geschehen kommentiert, stieß beim Festivalpublikum auf ein geteiltes Echo.

Kunstvoll in Szene gesetzt, prächtig ausgestattet, poetisch und sensibel erzählt, lobten die Liebhaber des Films. Zu lang, zu blutleer und zu papieren, klagten Kritiker. Noch mehr Kostümdrama soll es in einer geplanten, zweiteiligen Fernsehfassung mit einer Laufzeit von insgesamt 190 Minuten geben.

Graf erzählt in seinem von der Berlinale-Jury nicht mit einem Bären bedachten Film eine Liebesgeschichte, zugleich aber auch ein Stück deutsche Kulturgeschichte. Die Handlung beginnt im thüringischen Rudolstadt im Sommer 1788. Die adeligen, aber mittellosen Schwestern Caroline (Hannah Herzsprung, »Weissensee«, »Der Geschmack von Apfelkernen«) und Charlotte (Henriette Confurius, »Mein erstes Wunder«) haben sich geschworen, alles zu teilen.

Das soll auch für ihre gemeinsame Liebe zum Dichter Friedrich Schiller (Florian Stetter, »Kreuzweg«) gelten. Doch der Funke ihrer am Ende tragischen Leidenschaft springt nur schwer auf den Zuschauer über - zu oft wirken die Schauspieler wie Schachbrettfiguren, deren sorgfältig vorgetragenen Dialoge man lediglich mit Interesse verfolgt.

»Die geliebten Schwestern« ist Grafs erster abendfüllender Kinofilm seit acht Jahren. »Was mich von Anfang an faszinierte: Einen Film über Worte zu machen, Worte der Liebe, der Versprechen, der frohen Sehnsucht nach einem anderen bürgerlichen Leben«, so der Regisseur. »Briefe verfilmen, den Figuren beim Schreiben zuschauen, manchmal sie die Briefe auch sprechen lassen«, erklärt Graf seine Intention.

»Über Gefühle reden, über Liebe zu dritt reden, planen, ein wenig intrigieren, um freie Bahn zu haben. Drei kluge Menschen, jeder von ihnen kompliziert, jeder auf andere Art«, sagt der Filmemacher. »Wir leben in einer Zeit, in der scheinbar alles möglich ist, wenn es um Beziehungen geht«, sagt Graf. »Aber diese Geschichte zeigt uns, was wir alles an emotionalem Reichtum seit Schiller verloren haben«, meint der Regisseur. »Die Hauptrolle im Film spielen die Worte. Es geht darum, wie über Gefühle gesprochen und geschrieben wird.« dpa

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