Ernte mit der Drahtschere

Mancherorts in Rheinland-Pfalz müssten die Bauern ihr Obst extra bewachen

  • Lesedauer: 2 Min.
Fast jeder hat wohl schon mal einen Apfel von einem Baum oder eine Beere von einem Strauch stibitzt. Doch wenn Früchte in größerer Menge von Feldern verschwindet, wird das Ganze zum Problem.

Koblenz. Der Klau von Obst und Gemüse macht einigen Landwirten in Rheinland-Pfalz zu schaffen. »Das Problem gibt es«, sagte der Obstbau-Experte Norbert Schäfer vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau in Koblenz der dpa. Begehrt bei Dieben seien vor allem Erdbeeren und Süßkirschen sowie Äpfel, bei Zwetschgen sei das weniger der Fall.

Oftmals würden Früchte auf Feldern als Allgemeingut betrachtet, so Schäfer, es müsse an das »soziale Gewissen« der Menschen appelliert werden. Auch der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz-Süd berichtet von solchen Fällen. Schwierigkeiten mache nicht der Mundraub, bei dem Passanten mal einen Apfel mitgehen ließen, sagte Schäfer. Problematisch werde es, wenn kisten- und tütenweise Angebautes weggeschafft werde, und das geschehe durchaus. Außerdem würden teilweise - unabhängig von der gestohlenen Menge - Bäume geschädigt, etwa Äste abgerissen. Das sei schlecht für den künftigen Ertrag der Landwirte.

Derartige Vorfälle kämen vor allem dort vor, wo der Tourismus stark ausgeprägt sei, erklärt Hans-Dieter Stallknecht vom Deutschen Bauernverband. Welcher Schaden entstehe, sei von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Laut dem Zentralverband Gartenbau mit Sitz in Bonn ist Obst- und Gemüseklau für Landwirte zwar nicht existenzbedrohend, in Einzelfällen aber sehr ärgerlich. Die Landwirte stehen nach Einschätzung Schäfers dem Ganzen oft machtlos gegenüber. Selbst Zäune würden mit Drahtscheren durchgeschnitten. Wenn Landwirte eine Gruppe von Täter beobachteten, trauten sie sich manchmal nicht, sie zu stellen - aus Angst vor Handgreiflichkeiten.

Auch Andrea Adams, Sprecherin des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz-Süd, sagte, Diebstähle kämen immer wieder vor. »Obstproduzenten rund um Mainz können Ihnen da ein Lied von singen.« Mehr sei das in den vergangenen Jahren aber nicht geworden. In Stadtnähe werde mehr mitgenommen, weil dort mehr Spaziergänger, Wanderer, Jogger oder Radfahrer unterwegs seien. Christoph Vanberg, stellvertretender Geschäftsführer der Fördergemeinschaft naturnahe Obstwiesen und -weiden, betonte, es gebe abseits von Anbauflächen durchaus Areale, wo Obstliebhaber problemlos agieren könnten. Weil zu wenig für das Obst bezahlt werde, seien einige Besitzer nicht mehr bereit, mühevoll zu ernten. Einige Flächen seien seit Jahren verwahrlost. »Für diejenigen, die sich in Maßen bedienen wollen, gibt es Alternativen.« Im Internet schauen sich manche Obstfreunde unter www.mundraub.org sogar gezielt nach herrenlosen Bäumen um. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal