Hilfe, die ankommt

Bernd Zeller über die Verwendung klimafreundlicher Staubsauger im Irak-Konflikt

  • Bernd Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

Unser heutiger Bericht würdigt das Bestreben der EU um die Erleichterung der Hausarbeit. Leistungsstarke Staubsauger dürfen bald nicht mehr verkauft werden, so verlangt es eine Richtlinie. Staubsauger sind die Glühbirnen unter den Haushaltsgeräten, sie verbrauchen den schönen Biostrom und setzen ihn in klimaschädliche Wärme um. Die leistungsverminderten Geräte sind zudem leiser, was der Hausfrau, welchem Geschlecht auch immer sie angehört, es erleichtert, länger zu saugen, was sie aufgrund der geringeren Saugkraft auch muss. Als Nebeneffekt erhofft sich die EU, dass man mehr darauf achtet, erst gar nicht so viel Staub in den Teppich kommen zu lassen oder überhaupt seltener Staub zu saugen, weil auch das gefühlte Staubsaugen, genauer gesagt das Staubgesaugthaben, zur gefühlten Sauberkeit der Wohnung gehört.

Sehr clever gedacht von der EU, weshalb man in Erwägung ziehen könnte, EU-genormte Staubsauger an Kurden, Jesiden und Christen in Irak zu liefern. Dagegen könnte niemand etwas haben, sieht man einmal davon ab, dass darin eine Bevorzugung gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen läge, welche sich ausgegrenzt und vom Westen gedemütigt fühlen könnten, was wiederum den Kämpfern des Kalifats in die Hände spielen würde.

Mit Waffen sähe die Angelegenheit schon wieder anders aus. Wenn wir etwas aus der Geschichte gelernt haben, dann, dass Waffen großes Unheil anrichten. Die Politik hat die Bestände auch immer gern durch Export entsorgt. Würde man aber beispielsweise an Kurden Waffen liefern, nur weil eine Terrorgruppe sie bedroht, würden sie die auch einsetzen und wären keine Unbewaffneten mehr. Damit hätten sie die restlichen Sympathien unsererseits verspielt, das ist bekannt als Israel-Effekt. Das wollen wir ihnen nun doch nicht zumuten.

Wir möchten aber auch nicht als Hilfsverweigerer dastehen, vor allem, wenn es mal wieder andersherum kommen sollte und Geschichtsaufarbeitung ansteht, bei der wir plötzlich die schweigende Mehrheit gewesen sein werden, die zugeschaut hat und kein Interesse hatte, von etwas irgendetwas zu wissen. Da ist es gut, dass wir unsere schärfste, nun ja, nicht Waffe, unser schärfstes Instrument einsetzen: die Debatte. Wir debattieren, wer schuld ist, nämlich wir, der Westen, damit wäre diese Sache schon mal aus der Welt, und dass wir aber nichts dafür können, weil der Westen nicht auf uns hört.

Da trifft es sich ganz gut, dass sich unser moralisches Dilemma plötzlich aufgelöst hat, denn die Kurden brauchen gar keine Waffen, jedenfalls nicht von uns. Wie Claudia Roth, die sich in der Region aufhielt, mitteilte, können die Kurden gar keine deutschen Waffen bedienen, sondern nur amerikanische. Wir könnten also unbesorgt welche liefern.

Unsere wichtigste Quelle über Kurdistan neben Claudia Roth ist Karl May, durch welchen die Deutschen auf die Rolle des Guten festgelegt sind, etwa wegen der Rettung und Befreiung von Jesiden.

Zu berücksichtigen bleibt indes, dass die Unterstützung von Kurden deren Nationalismus anfeuern würde, wogegen der Islamische Staat ethnisch neutral angelegt ist.

Propagandistisch hinkt die EU den Ansprüchen an moderne Kommunikation hinterher, sofern man die Ansprüche als voraushinkend ansieht. Es wäre nahe liegend, die Staubsauger für die Kurden in einem kilometerlangen Konvoi loszuschicken und medial zu begleiten. Er muss ja sein Ziel nicht erreichen, aber der emotionale Nachrichtenwert wäre nicht zu unterschätzen.

Sollten die Staubsauger in falsche Hände geraten, dürften sie keinen nennenswerten Schaden anrichten, sofern die Nutzer nur an amerikanischen Staubsaugern ausgebildet wurden. Auch eine Rücklieferung im Konvoi würde interessante Bilder abgeben. Es könnten sogar Schutzwesten und Helme für unsere Hausfrauen beigelegt werden, damit sie bei Haushaltsunfällen abgesichert sind.

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