Riga hofft auf »Mutti«
Olaf Standke über Angela Merkels Besuch in Lettland und die NATO
Abwägend, ausgeglichen, berechenbar sei sie. Kein Wunder also, dass Angela Merkel für viele Deutsche die »Mutti« sei, so eine lettische Zeitung vor ihrem Besuch in Riga. Sie wisse, dass Schweigen mehr wert sein kann als Reden. Dabei wollten die Gastgeber schon Worte der uneingeschränkten Solidarität hören für die einstige Sowjetrepublik an der Ostgrenze des Nordatlantikpaktes, der 25 Jahre nach Ende des Kalten Krieges bis an Russlands Grenzen vorgerückt ist.
Intellektuelle und Künstler hatten die Kanzlerin aufgefordert, ihre Vorbehalte gegen NATO-Stützpunkte in Osteuropa zu überdenken. Das will sie (noch) nicht. Lettlands Regierung wäre auch mit einer größeren permanenten Präsenz von Pakt-Truppen zufrieden. Mit Dauermanövern, mehr Kampfjets und Kriegsschiffen im Ostseeraum, wie es die NATO-Spitze vorschlägt - und Merkel offensichtlich unterstützt, wie nun aus Riga zu hören ist.
Würde das aber wirklich mehr Sicherheit bringen oder nicht nur die Risiken erhöhen? Ist die Angst im Baltikum und Polen vor einer Moskauer Aggression überhaupt berechtigt? Die große russische Minderheit in Lettland etwa, mehr als ein Viertel der Bevölkerung, zeigt wenig Interesse, sich von der alten Heimat befreien zu lassen. Ob die sechs Kampfjets der Bundeswehr, die ab September die NATO-Luftraumüberwachung im Baltikum verstärken, auch der Anfang eines Merkelschen Sinneswandels sind, wird sich wohl erst beim Gipfel der Allianz in gut zwei Wochen zeigen.
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