Sofortige Angriffe statt dauerhafter Waffenruhe

Die israelisch-palästinensischen Verhandlungen in Kairo haben angesichts der neuen Gaza-Eskalation kaum Fortsetzungschancen

  • Lesedauer: 3 Min.
Im Nahen Osten sprechen wieder die Waffen. Kairo ist mit seinen Vermittlungsbemühungen vorerst gescheitert. Wie es nun im Gaza-Krieg weitergeht, ist ungewiss. Es schlägt die Stunde der Hardliner.

Tel Aviv. Nach dem Scheitern von Waffenruhe-Gesprächen in Kairo fließt im Gaza-Konflikt wieder Blut. Israel bestätigte am Mittwoch den Versuch einer gezielten Tötung des einflussreichen Militärchefs der im Gaza-Streifen herrschenden Hamas. Nach Angaben der radikal-islamischen Palästinenserorganisation kamen bei dem Luftangriff auf ein Haus in Gaza am Dienstagabend die Ehefrau und der kleine Sohn von Mohammed Deif ums Leben. Deifs Schicksal selbst war unklar.

Später teilte die Hamas mit, Deif habe überlebt und befehlige weiter die Attacken auf Israel. Israel werde »für seine Verbrechen gegen palästinensische Zivilisten bezahlen. Und diejenigen, die rund um die Grenzen von Gaza leben, werden erst dann nach Hause zurückkehren, wenn Mohammed Deif dies entscheidet«, erklärte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri am Mittwoch. Tausende Israelis, die in der Nähe des Gaza-Streifens wohnen, haben in den vergangenen Wochen Zuflucht in anderen Landesteilen gesucht, weil ihre Ortschaften aus dem Küstengebiet mit Raketen und Mörsergranaten beschossen werden.

Mohammed Deif gilt in Gaza als einer der wichtigsten Drahtzieher, er hat schon mehrere versuchte Tötungen durch Israel überlebt. Israel wirft ihm vor, er dirigiere den Gaza-Krieg aus dem Untergrund. Nach dem Angriff feuerten Anhänger des militärischen Hamas-Arms, der Al-Kassam-Brigaden, Dutzende Raketen in Richtung Tel Aviv, wie die Organisation mitteilte. Der Hamas-Funktionär Mussa Abu Marsuk nannte den tödlichen Angriff ein »Verbrechen«.

Israel hatte in der Vergangenheit politische und militärische Führer der Hamas gezielt getötet. Der spirituelle Führer Ahmed Jassin, der im Rollstuhl saß, kam 2004 bei einem Luftangriff Israels ums Leben. Später tötete Israel auch dessen Nachfolger Abdel Asis Rantisi und 2012 den Hamas-Militärchef Ahmed Dschabari.

Israels Sicherheitskabinett tagte am Mittwoch in Tel Aviv, um über das weitere Vorgehen im Gaza-Konflikt zu beraten. Rechtsorientierte Minister fordern einen Sturz der Hamas im Gaza-Streifen. Die Armee habe 2000 Reservisten wieder einberufen, die bereits freigestellt worden waren, bestätigte eine Militärsprecherin.

Eine Feuerpause zwischen Israel und den militanten Palästinensern war am Dienstag gebrochen worden. Beide Seiten machen sich gegenseitig dafür verantwortlich. Die Regierung in Jerusalem zog aus Protest gegen neue Raketenangriffe ihre Verhandlungsdelegation aus Kairo ab. Dort sollte eine dauerhafte Waffenruhe ausgehandelt werden.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Bruch der von Ägypten vermittelten Waffenruhe aufs Schärfste. Er sei sehr enttäuscht über das Wiederaufflammen der Feindseligkeiten. Ban rief Israel und die Palästinenser auf, sich umgehend auf eine dauerhafte Feuerpause zu verständigen.

Noch vor Ablauf einer Feuerpause um 23 Uhr MESZ am Dienstagabend waren drei Raketen aus dem Gaza-Streifen in der Nähe der Wüstenstadt Beerscheva eingeschlagen, sagte eine israelische Militärsprecherin. Israel reagierte sofort mit neuen Luftangriffen. Später heulten in weiten Teilen Israels wieder die Sirenen. Im Großraum von Tel Aviv schlug eine Rakete ein.

Die ägyptische Regierung hat Israelis und Palästinenser am Mittwoch aufgerufen, ihre Waffenstillstandsverhandlungen in Kairo fortzusetzen. Agenturen/nd

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