Im Bonbon-Rausch

Im Kino: die Comic-Verfilmung »Guardians of the Galaxy«

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 2 Min.

Man fiebert mit einem neunmalklugen Waschbären und einem störrischen Baum. Man schwelgt zu 70er-Jahre-Schnulzen, die einem 80er-Jahre-Walkman entstammen. Und man purzelt durch ein bonbonfarbenes Universum voller schrulliger Superhelden. »Entertainment Weekly« nennt Peter Gunns Comic-Verfilmung »Guardians Of The Galaxy« eine »volltrunkene Weltraum-Oper« - und die US-Kollegen haben recht.

Tunichtgut Peter Quill (Chris Pratt) wurde in den 80er Jahren von der Erde entführt, hält sich für den coolsten Typen der Galaxie und nennt sich auch noch »Star-Lord«. Ausgerechnet dieser Chaot gerät in Besitz eines zerstörerischen Artefaktes - natürlich ohne dessen Bedeutung zu begreifen. Erst als ihm Superschurke Ronan the Accuser (Lee Pace) bedrohlich auf die Pelle rückt, schart er zur Verteidigung - und, wie sich später zeigt, zur Rettung der Galaxie - ein skurriles Quartett weiterer Außenseiter um sich: den Waschbär Rocket (Stimme: Bradley Cooper), den Baummensch Groot (Stimme: Vin Diesel), die rätselhafte Gamora (Zoe Saldana) und den zerstörerischen Drax the Destroyer (Dave Bautista), der mit Ronan noch ein privates Hühnchen zu rupfen hat.

Diese Geschichte ist gleichzeitig so hanebüchen, wie sie abgegriffen ist. Das haben sich wohl auch die Produzenten gedacht, und einen Film gemacht, für den die Handlung völlig nebensächlich ist. Zum einen, weil sie absolut voraussehbar ist. Zum anderen, weil sowieso keiner darauf achtet, da eine permanent am Laufen gehaltene, selbstironische Retro-Zitat-, Witz- und Effekt-Kanonade erfolgreich davon ablenkt.

Und so ist »Guardians Of The Galaxy« über weite Strecken ein Trip - ohne Anfang, Ende, Entwicklung, Oben oder Unten. Und auch ohne die im Marvel-Comic-Kosmos übliche strenge Gut-und-Böse-Trennung: Die fünf »Helden« sind keineswegs selbstlose Ritter, sondern im Grunde ihres Herzens egoistische Gauner, die sich »dem Bösen« mehr oder weniger zufällig und aus ganz persönlichen Motiven entgegen stellen.

Unterm Strich aber ist »Guardians Of The Galaxy« doch ein Hollywood-Blockbuster, der zwar innerhalb der Genregrenzen positiv zu überraschen weiß, dadurch aber noch lange kein guter Film wird. Er mag »berauschend, wahnsinnig und schamlos albern« (»Rolling Stone«) sein. Doch am Ende wartet, so sicher wie das Amen in der Kirche, wieder die so bombastische wie langweilige Materialschlacht.

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