Anhaltende Konfrontation am Golan

UNO-Blauhelme aus Fidschi weiter in Gewalt von Anti-Assad-Kämpfern

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach der Entführung von 43 UN-Soldaten auf den Golanhöhen haben sich am Freitag Dutzende schwer bewaffnete Blauhelmsoldaten von den Philippinen den Anti-Assad-Milizen entgegengestellt.

Die Gespräche zur Freilassung der 43 am Donnerstag entführten Blauhelme auf den syrischen Golanhöhen halten an. Den Soldaten gehe es gut, sagte der Ministerpräsident der Fidschi-Inseln, Vorege Bainimarama, und versicherte deren Familien, dass seine Regierung »alles Mögliche« für die sichere Rückkehr der Blauhelme unternehme. »Diese Männer haben dem Frieden gedient, sie sind keine Kämpfer in dem syrischen Konflikt«, so Bainimarama. »Sie hätten nicht entführt werden dürfen.«

Die entführten Soldaten der Fidschi-Inseln gehören zur UN-Friedensmission UNDOF, die seit 1974 die Pufferzone zwischen Syrien und den von Israel 1967 besetzten und später annektierten Golanhöhen kontrollieren. Derzeit befinden sich 1200 Blauhelme von den Philippinen, den Fidschi-Inseln, aus Indonesien, Irland, Nepal und den Niederlanden auf dem Golan. Österreich zog 2013 nach 39 Jahren seine Truppen wegen der schlechten Sicherheitslage ab. Auch Japan und Kroatien stellen keine Kontingente mehr. Die Philippinen hatten vor einer Woche, also vor dem jetzigen Angriff, angekündigt, ihre Soldaten ebenfalls abzuziehen. Im vergangenen Jahr waren österreichische Blauhelme unter Beschuss geraten, philippinische UN-Soldaten zwei Mal entführt worden. Zudem stahl man Waffen, Ausrüstung, Fahrzeuge und Uniformen von den Kampfverbänden.

Die Blauhelme sollen von 150 Kämpfern verschleppt worden sein, die am Mittwoch Stellungen der syrischen Armee in der Pufferzone angegriffen hatten. 75 UNDOF-Soldaten der Philippinen hatten sich unter Androhung von Waffengewalt den Angreifern entgegengestellt. Die Situation sei angespannt, sagte Oberst Roberto Ancan vor Journalisten in Manila, der den Oberbefehl über die philippinischen UN-Friedenstruppen hat. Die Soldaten seien bereit, »tödliche Gewalt« anzuwenden, »um die UN-Einrichtung zu verteidigen«. Die Angreifer hatten die Blauhelme am Donnerstag in ihren Stellungen umzingelt und aufgefordert, ihre Waffen zu übergeben.

Der UNO-Sicherheitsrat hatte am Donnerstag die Entführung und Belagerung von UN-Blauhelmen durch »terroristische Gruppen und Mitglieder von nicht staatlichen bewaffneten Gruppen« scharf verurteilt und die »sofortige und bedingungslose Freilassung« der Soldaten gefordert. Länder, die (auf die Kampfverbände) Einfluss hätten, sollten dazu beitragen, hieß es weiter. Namen von Staaten wurden nicht genannt. UN-Sprecher Stéphane Dujarric sagte, man wisse nicht genau, um welche bewaffnete Gruppe es sich handele. Einige hätten sich als Gruppen der Nusra-Front bezeichnet, auch die USA hatten die Islamisten für die Tat verantwortlich gemacht.

Das Internetportal des israelischen Militärgeheimdienstes berichtet, dass an dem Angriff auf den Grenzübergang nahe der syrischen Stadt Kuneitra 300 Kämpfer von etwa 30 verschiedenen Milizen, darunter auch die Nusra-Front beteiligt gewesen seien. Angriffe der syrischen Luftwaffe hätten deren Stellungen tags darauf zerstört. Von Seiten der syrischen Streitkräfte gibt es dafür keine Bestätigung.

Nach Auskunft von Führern bewaffneter Gruppen hält eine Einsatzzentrale der »Freunde Syriens« in Amman den Kontakt zu den Kämpfern. Geheimdienstler aus Jordanien, Saudi-Arabien, den USA und anderen Staaten verteilten hier Gelder und Waffen. Auch die Ausbildung von Kämpfern werde hier koordiniert. Ziel des Vormarsches aus Jordanien, entlang der Grenze zu Israel durch die entmilitarisierte UN-Pufferzone dürfte sein, das von Regierungsgegnern kontrollierte Gebiet um die syrische Stadt Deraa zu erweitern und auf die syrische Hauptstadt Damaskus zuzumarschieren.

Seit Ende 2012 wurde die in der UN-Pufferzone lebende Zivilbevölkerung systematisch vertrieben, während die aus Jordanien vorrückenden Assad-Gegner von Israel nicht nur »übersehen«, sondern offensichtlich unterstützt wurden. Im Februar besuchte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verletzte Anti-Assad-Kämpfer, die in einem israelischen Krankenhaus auf dem besetzten Golan behandelt wurden. Nach der Einnahme des Grenzpostens Kuneitra ließ der Fernsehsender Al Arabija aus den Vereinigten Arabischen Emiraten am Donnerstag einen der Kämpfer zu Wort kommen. Dieser versicherte Israel, dass man es nicht angreifen wolle, sondern »Assad«. Israel scheint dem nicht abgeneigt und lässt die Kampfverbände gewähren.

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