Bundesbehörde geht gegen Kölner Cannabis-Urteil in Berufung

Betroffene chronisch kranke Patienten reagieren mit Hungerstreik

  • Lesedauer: 2 Min.
Das Urteil galt als Sensation: Ein Kölner Gericht erlaubte chronisch Kranken, als Notlösung Cannabis zur Eigentherapie anzubauen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, das das zuvor verboten hatte, geht in Berufung. Darauf reagieren Patienten jetzt - mit einem Hungerstreik.

Köln/Rüthen. Die Auseinandersetzung um den privaten Eigenanbau von Cannabis zu Therapiezwecken spitzt sich zu: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) will das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts überprüfen lassen, das drei chronisch kranken Patienten im Juli ausnahmsweise den Anbau der illegalen Droge daheim erlaubt hatte. Man habe in der vergangenen Woche Berufung beim Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt, sagte ein Sprecher des BfArM am Dienstag. Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) teilte mit, sechs chronisch Kranke seien aus Protest gegen die Berufung in den Hungerstreik getreten.

Die Kölner Richter hatten entschieden, wenn Kranken sonst nichts gegen ihre Schmerzen helfe und Cannabis aus der Apotheke für sie unerschwinglich sei, dürften sie es als Notlösung selbst züchten. Das Urteil sei ein enorm wichtiger Schritt für die betroffenen Patienten gewesen, betonte der ACM-Vorsitzende Franjo Grotenhermen. »Durch die Berufung wird eine finanzierbare Behandlung mit Cannabisprodukten weiterhin unnötig hinausgezögert«, kritisierte der Mediziner in einer Erklärung. »Es ist den betroffenen schwer kranken Patienten nicht zumutbar, dass sie jahrelang für ihr Recht streiten müssen.«

Auch die Bonner Behörde betonte: »Dem BfArM ist an einer schnellen Klärung im Sinne einer medizinisch sinnvollen und qualitätsgesicherten Versorgung der Patienten gelegen.« Allerdings: »Mit Blick auf den Gesundheitszustand einiger Patienten bedauern wir besonders, dass diese sich nun mit dem Hungerstreik für eine medizinisch bedenkliche Maßnahme entschieden haben, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.« Das Bundesinstitut hatte den Klägern den Anbau zuvor untersagt.

Die Schmerzpatienten aus mehreren Bundesländern wollen laut ACM auf ihre Not hinweisen. Der Verein fordert, dass die Krankenkassen bei chronischen Schmerzpatienten die Kosten einer Behandlung mit Medikamenten auf Cannabisbasis übernehmen. Eine entsprechende Petition von Medizinern und Patienten laufe noch bis 10. September. Kommen 50 000 Stimmen zusammen, muss der Petitionsausschuss des Bundestags laut ACM darüber öffentlich beraten. dpa/nd

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