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Bedrohlicher Wahlkampf

Nazis attackieren in Thüringen immer wieder LINKE-Kandidaten

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir lassen uns nicht einschüchtern, die Partei rückt zusammen«, erklärt Pressesprecher Jürgen Spilling gegenüber »nd« zu den fortgesetzten Attacken von Nazis auf LINKE-Politiker in Thüringen. Die Übergriffe hätten in den letzten Tagen und Wochen an Quantität und Qualität zugenommen, so seine Wahrnehmung. Zwar habe es auch in den vergangenen Jahren regelmäßig Übergriffe auf Partei- und Wahlkreisbüros gegeben. Doch zerstochene Reifen und gelockerte Radmuttern an den Fahrzeugen von Landtagskandidaten und die jüngsten Drohungen von Nazis gegen einen Infostand der LINKEN in Saalfeld-Gorndorf bedeuteten eine neue Eskalation.

Am vergangenen Freitag habe zudem ein der NPD zuzuordnendes Fahrzeug den Pkw des LINKE-Spitzenkandidaten Bodo Ramelow bei der Weiterfahrt behindert, ohne dass die anwesende Polizei eingeschritten wäre, heißt es in einer Pressemitteilung des Landesverbands. Inzwischen zeigt diese offenbar mehr Präsenz: »Seit den Drohungen gegen Katharina König und ihr Team ist die Polizei bei meinen Wahlkampfauftritten noch präsenter als vorher. Dafür bin ich den Beamten sehr dankbar, es gibt ein sicheres Gefühl«, so Ramelow.

In Saalfeld-Gorndorf hatte der lokale NPD-Aktivist Steffen Richter die Landtagsabgeordnete Katharina König (LINKE) zum Abbau eines Infostands aufgefordert und ihr dabei nach Königs Angaben sinngemäß zugerufen: »Das ist der falsche Kiez, verpisst euch, sonst kommt Unterstützung und wir klären das wie in den 90er Jahren.« Dies dürfte eine Anspielung darauf gewesen sein, dass König Anfang der 1990er von Nazis mit Baseballschlägern angegriffen wurde. Jedenfalls habe Richter sie bedroht und per Handy andere Neonazis aus der Umgebung herbeigerufen. Darunter auch ein Rocker, der komplett vermummt war und mit einer Metallkette versuchte, die Anwesenden einzuschüchtern. Ein Foto von der Situation wurde als Beleg der Darstellung mittlerweile auch auf der Homepage von Königs Wahlkreisbüro, haskala.de, veröffentlicht.

Dass die NPD, ihre Kader und ihnen nahestehende Akteure unabhängig von einem Erfolg bei der kommenden Landtagswahl sich weiterhin gewalttätig gebärden dürften, lässt sich auch von der Antwort der Landesregierung auf Anfragen von König ableiten. Demnach sind 20 von 62 NPD-Abgeordneten und anderer Rechtsaußenlisten in Thüringer Kommunalparlamenten vorbestraft.

Zusammen kämen sie auf 98 Verurteilungen, darunter 36 Körperverletzungen oder gefährliche Körperverletzungen. »Auch kommunale Mandate haben sie nicht von Straftaten abgehalten. Sie werden weiter ihr Saubermannimage zu pflegen versuchen und gleichzeitig über die Kameradschaftsstrukturen auch vor Gewalt nicht zurückschrecken«, fürchtet LINKE-Kandidat Christian Schaft. »Die Übergriffe der letzten Tage sind ein Beweis für ein Gewaltpotenzial gegen alle links und antifaschistisch engagierten Menschen.«

Dass die NPD in den vergangenen Wochen ungehindert ein Haus in zentraler Lage in Eisenach kaufen konnte, ist für König ein Hinweis auf ein »Versagen der vermeintlichen Frühwarnsysteme« des Freistaates Thüringen. »Weder das Innenministerium noch der Verfassungsschutz waren in der Lage, die Anzeichen für einen beabsichtigten Hauskauf durch Neonazis zu erkennen bzw. entsprechend zu agieren und die Stadt Eisenach zu warnen.« Solche Objekte dienten immer wieder als »Ausgangsorte von gewalttätigen Übergriffen, rechten Veranstaltungen und Vernetzungstreffen«.

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