Nach jedem Rückschlag stehen wir wieder auf

Georg Grozer über den WM-Halbfinaleinzug der deutschen Volleyballer

  • Lesedauer: 4 Min.

Deutschlands Volleyballer stehen überraschend im Halbfinale der Weltmeisterschaft in Polen und 
damit kurz vor der ersten WM-Medaille seit 44 Jahren. Ihr Superstar Georg Grozer sprach 
mit Lars Becker über seine 
Emotionen nach dem klaren 
3:0-Sieg gegen Iran, dessen
 Bedeutung für den Volleyball in Deutschland und seinen eigenen 
Medaillentraum.

Sie saßen nach dem 3:0 gegen Iran und dem damit gelungenen Einzug ins WM-Halbfinale fassungslos auf dem Spielfeld in Katowice …
Ich hatte sogar Tränen in den Augen, das war so ein emotionaler Moment. Wir haben nach dem 0:3 gegen Frankreich eine unglaublich gute Reaktion gezeigt und mit dem Einzug ins Halbfinale einen großen Schritt in Richtung unseres Medaillentraums gemacht. Aber wir sind noch nicht angekommen.

Sie waren mit 23 Punkten der Matchwinner in diesem entscheidenden Spiel. War das die beste Leistung ihrer Karriere?
Das ist schwierig zu sagen. Als wir in Berlin gegen Kuba die Olympiaqualifikation für die Spiele 2012 in London klargemacht haben, war es auch ein extrem wichtiges Spiel. Ich habe hier immer versucht, die Mannschaft voranzubringen und zu pushen. Allein kann ich nicht gewinnen, außerdem ist diese Weltmeisterschaft extrem lang und kräftezehrend. Ich kann also nicht mehr so hart schmettern wie noch am Anfang des Turniers. Man kann das als Team nur zusammen schaffen. Wir sind als Mannschaft bei dieser WM immer positiv geblieben und nach Rückschlägen dementsprechend jedes Mal wieder aufgestanden.

Ist das der Unterschied zu dem Team, das bei den Olympischen Spielen 2012 und der Europameisterschaft 2013 noch im Viertelfinale ausgeschieden ist?
Wir sind erwachsen geworden. Man darf ja nicht vergessen, dass wir noch eine junge Mannschaft sind, ich bin mit 29 der zweitälteste Spieler. Aber alle haben in den vergangenen Jahren wichtige Erfahrungen, zumeist in internationalen Spitzenligen, gesammelt. Und wir haben alle angefangen, wirklich an uns zu glauben.

Sie konnten in dieser Saison mit ihrem Verein Lokomotive Belgorod schon zwei ganz große internationale Titel gewinnen: Die europäische Champions League und die Klubweltmeisterschaft. Was würde eine WM-Medaille mit der deutschen Nationalmannschaft für Sie bedeuten?
Das ist ein großer Traum von mir, und gewöhnlich erfülle ich mir meine Träume ja ganz gut. Eine Medaille wäre auch ein kleines Dankeschön dafür, dass ich als Ungar in der deutschen Nationalmannschaft spielen darf. Viel Zeit für die Erfüllung des Traums bleibt aber nicht mehr: Ich habe meiner Frau und den Kindern, die in Moers leben, versprochen, dass nach den Olympischen Spielen 2016 Schluss mit meiner Karriere im Nationalteam sein wird.

Sie haben schon vor der WM gesagt, dass selbst ein großer Erfolg in Polen den Stellenwert des Volleyballs in Deutschland nicht entscheidend verändern würde. Warum glauben Sie nicht an einen Schub durch eine Medaille?
Für die Spieler gibt es schon Veränderungen. Wenn du eine gute WM spielst, machst du dich für Klubs interessant und kannst vielleicht mehr Geld verdienen. Ich glaube aber nicht, dass sich für den Sport selbst viel ändern würde. Da braucht man sich nur das Beispiel Handball anzuschauen: Deutschland ist 2007 Weltmeister geworden, aber was spürt man jetzt noch davon? Ich will die Medaille vor allem auch für den Volleyballnachwuchs in Deutschland. Mein kleiner Bruder zum Beispiel soll auch mal für die deutsche Nationalmannschaft spielen und dann sollen die Bedingungen für ihn noch besser sein als jetzt.

Wer wird Sie von der Familie bei den Finalspielen in Katowice unterstützen?
Es ist ja extrem schwierig, Tickets für die Halbfinals und die Medaillenspiele zu bekommen. Das ist eine ganz neue Situation durch die Begeisterung in Polen. Ich hoffe aber, dass zumindest meine Frau und meine Töchter dabei sein können. Wenn sie dabei sind, muss ich einfach gut spielen. Und dann hoffe ich, dass wir uns alle unseren großen Traum erfüllen. Es ist nur noch ein Schritt zu gehen.

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