Was tun? Was tun!

Das neu aufgelegte »Schwarzbuch Markenfirmen« ist mehr als eine Kritik an einzelnen Konzernen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Ob Nestlé, die Deutsche Bank oder Facebook - eigentlich jeder große Konzern hat Dreck am Stecken. Das hat System, wie das »Schwarzbuch Markenfirmen« zeigt.

Der Fairtrade-Markt boomt. Im vergangen Jahr wuchs der Absatz von Produkten mit diesem Siegel um 23 Prozent. Der Grund dafür ist einfach: Immer mehr Menschen wollen der Industrie ein Schnippchen schlagen und kaufen lieber Kaffee, Tee, Schokolade und Co., die umweltschonend und unter fairen Arbeitsbedingungen produziert wurden. Doch reicht es aus, mit gutem Gewissen einzukaufen und umstrittene Marken wie Nestlé und Coca-Cola zu meiden, um die Welt ein Stück besser zu machen?

»Nein«, sagen Klaus Werner-Lobo und Hans Weiss. Am heutigen Montag erscheint die Neuauflage ihres Buches »Schwarzbuch Markenfirmen«. Es ist lesenswert, nicht nur weil sie im hinteren Teil auf 100 Seiten die dubiosen Machenschaften von 50 Global Playern wie Apple und Facebook porträtieren. Sie beschreiben auch detailliert die Struktur des großen Kapitals und zeigen auf, dass die Politik an so mancher Schweinerei nicht ganz unschuldig ist.

Die erste Auflage erschien im Jahr 2001. Es war die große Zeit der Anti-Globalisierungsbewegung. Fast 200 000 mal verkaufte sich das Buch im deutschsprachigen Raum und wurde in 15 Sprachen übersetzt. Der Erfolg zeuge davon, »dass immer mehr Menschen die Macht der Marken und Multis nicht einfach so hinnehmen, sondern sich über die Hintergründe globaler Ausbeutung und Profitgier auf Kosten von Menschen, Umwelt und Demokratie informieren möchten«, schreiben die Autoren im Vorwort zur Neuauflage.

Doch hat sich seit der Erstauflage etwas getan? »Vieles hat sich seit damals geändert - und vieles, allzu vieles, ist leider gleich geblieben«, so das Fazit der Autoren. Die augenscheinlichste Veränderung ist wohl, dass die großen Konzerne jetzt mehr auf ihr Image achten. Denn Marken, von denen bekannt ist, dass Blut an ihnen klebt, lassen sich schlecht verkaufen. Das Zauberwort lautet Corporate Social Responsibility (CSR), auf Deutsch: Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung. Meist ist dies jedoch nicht mehr als ein moralisches Feigenblatt.

Viel mehr Energie stecken die Konzerne in die Lobbyarbeit. Mit riesigen Geldspenden finanzieren sie Wahlkämpfe und sind in Brüssel oder Washington sofort zur Stelle, wenn ein Gesetz geändert werden soll. Wen wundert es da, dass eine große Zahl der EU-Gesetze »fast wortwörtlich« von dem abgeschrieben ist, »was die VertreterInnen der Konzerne in ihren Wunschlisten an die Politiker formuliert haben«, schreiben die Autoren von »Schwarzbuch Markenfirmen«.

Weil es eben nicht nur einzelne Konzerne sind, die Menschen ausbeuten und die Umwelt zerstören, reicht es nicht aus, deren Marken zu meiden. Zumal dies auch eine Geldfrage ist - nicht jeder kann sich das »gute Gewissen« im Warenkorb leisten. Deshalb nannten Klaus Werner-Lob und Hans Weiss das zweite Kapitel ihres Buchs »Was tun? Was tun!«, in dem sie Handlungsstrategien gegen die Macht der Konzerne aufzeigen. Für manchen Leser wird der Verzicht auf bestimmte Marken vielleicht erst der Anfang sein. Allein für dieses Kapitel lohnt sich die Lektüre.

Klaus Werner-Lobo, Hans Weiss:

Schwarzbuch Markenfirmen.

Die Welt im Griff der Konzerne

Flexibler Einband, 336 Seiten

Preis: 19,90 €.

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