Extremisten dringen weiter in Kobane vor
Kurden besetzten SPD-Haus in Kassel / Linkspartei diskutiert über Wege zur Bekämpfung der Dschihadisten
Der Kampf um die Stadt Kobane in Nordostsyrien hielt auch am Freitag an und hat für die kurdischen Verteidiger weitere Verluste gebracht. Nachdem sie am Donnerstag bereits das Hauptquartier der Polizei aufgeben mussten, fielen den dschihadistischen Angreifern des »Islamischen Staates« (IS), wie dpa berichtete, weitere strategische Punkte der Stadt in die Hände, darunter der zentrale Stützpunkt der kurdischen Verteidigungskräfte, das Hauptverwaltungsgebäude und das Gefängnis.
Auf der türkischen Seite der Grenze ist die Situation unverändert. Die aufgefahrenen Panzer- und Infanterieeinheiten scheinen einsatzbereit, aber da NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag die Forderungen der Türkei zum Beispiel nach Bodentruppen auch anderer NATO-Länder gegen IS abgelehnt hatte, bleibt die Türkei bei ihrer Weigerung, allein gegen diesen vorzugehen. Damit muss sie auch nicht ihre bisherige Politik konterkarieren, die von einer verdeckten Unterstützung des IS gekennzeichnet war, vom Transit für IS-Kämpfer von und nach Syrien bis zur Hehlerei in Syrien geförderten Öls.
Wie hoch die Verluste an Menschen und somit am Ende auch die Erfolgsaussichten in der Schlacht auf beiden Seiten sind, kann von außen kaum beziffert werden. Beide Seiten reklamieren mehrere hundert getötete Kämpfer - auf der jeweils anderen Seite.
Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, sorgte sich am Freitag in Genf vor allem um die Zivilisten im umkämpften Kobane. Rund 12 000 Zivilisten, überwiegend ältere Menschen in und um Kobane, drohe ein Blutbad, sollte die Kurdenstadt in die Hände der Terrormiliz fallen.
Der Konflikt hat auch weiter seine deutsche Dimension. Kurdische Organisationen rufen zu friedlichen Protesten auf, worauf es immer wieder zu Konfrontationen mit islamistischen Gruppierungen kommt. Am Freitag besetzten Kurden kurzzeitig die SPD-Zentrale in Kassel. Sie forderten die hessische Landesregierung auf, »endlich Maßnahmen zu ergreifen, das Massaker in Kobane zu verhindern«.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte am Donnerstagabend in Luxemburg, er habe Verständnis für friedliche Proteste. »Ich habe kein Verständnis dafür, wenn solche Aktionen gewalttätig enden, wenn Gleise besetzt werden, wenn Büros besetzt werden«, wird er von dpa zitiert.
In der Linkspartei gibt es unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, wie die Zivilbevölkerung des Kurdengebiets vor einem Massaker bewahrt werden könne. So vertritt der Obmann der LINKEN im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, Stefan Liebich, die Meinung, dass die LINKE die UNO an ihre Verpflichtung erinnern sollte zu handeln, wenn nötig auch militärisch. Dem widerspricht sein Fraktionskollege Andrej Hunko, der darin die Verabschiedung vom Anspruch der LINKEN als Antikriegspartei sieht. Zur Debatte Liebich vs. Hunko...
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