Geringfügig nach unten korrigiert

Erstmals seit ihrer Einführung wird die Ökostromumlage zum Jahreswechsel sinken

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Um vier Euro im Jahr wird eine durchschnittliche Familie durch die Absenkung der EEG-Umlage entlastet. Doch seit dem Jahr 2010 verdoppelten sich die Stromkosten.

Es ist eine Premiere: Zum ersten Mal seit ihrer Einführung im Jahr 2003 wird die sogenannte EEG-Umlage im kommenden Jahr nicht steigen, sondern leicht sinken. Wie die vier Stromnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW am Mittwoch mitteilten, müssten einfache Stromverbraucher demnächst 6,17 Cent pro Kilowattstunde für die Finanzierung der Energiewende zahlen. Dies sind 1,1 Prozent weniger, als sie derzeit berappen müssen.

Die Ökostromumlage ist ein Teil des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Besonders in den vergangen beiden Jahren ist diese Umlage stark angestiegen. So kletterte sie im Jahr 2014 von 5,277 auf derzeit 6,24 Cent pro Kilowattstunde. Mit der Umlage wird die Differenz zwischen den gesetzlich garantierten Vergütungssätzen für Strom aus erneuerbaren Energiequellen und den Börsenstrompreisen finanziert. Nach Prognosen der Übertragungsnetzbetreiber muss eine Summe von 21,1 Milliarden Euro auf die Endkunden umgelegt werden.

Dass die Abgabe im kommenden Jahr nicht steigt, sieht die schwarz-rote Bundesregierung als ihr Verdienst an. »Der erstmalige Rückgang der EEG-Umlagezeigt, dass wir beim EEG die Kostendynamik der vergangenen Jahre erfolgreich durchbrochen haben«, erklärte Bundeswirtschafts- und -energieminister Sigmar Gabriel (SPD). So führte die große Koalition im Frühjahr 2014 Änderungen im EEG ein, die den Ausbau von Ökostromanlagen stark bremsen.

Nach Ansicht des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) liegt der Grundfür die Senkung der EEGUmlage jedoch schlicht darin, dass sie letztes Jahrzu hoch angesetzt wurde. Während im Jahr 2013 durch die Umlage rund 2,2 Milliarden Euro zu wenig eingenommen wurden, wies der Umlagenkontostand dieses Jahr zum Stichtag 30. September ein Plus von 1,4 Milliarden Euro auf. Alleine deswegen verringert sich die EEG-Umlage im kommenden Jahr rein rechnerisch um rund 0,4 Cent pro Kilowattstunde. Für die Jahre 2016 und 2017 prognostiziert der BEE indes eine weitgehend konstante Ökostromabgabe. »Erneuerbare Energien sind so günstig geworden, dass neue Anlagen das EEGKontokaum belasten«, sagte der stellvertretende BEE-Geschäftsführer Harald Uphoff.

In den letzten Jahren ist die Ökostromumlage paradoxerweise auch wegen desErfolgs der Erneuerbaren gestiegen. Denn besonders an windund sonnenreichen Tagen ließen sie die Preise an der Strombörse abstürzen. So betrug der durchschnittliche Börsenstrompreis im Jahr 2008 rund sieben Cent pro Kilowattstunde, während es in diesem Jahr nur noch 3,2 Cent waren. Dadurch vergrößerte sich jedoch die Differenz zwischen den Börsenpreisen und den festenVergütungssätzen für Ökostromanlagen-Betreiber, die die Endkunden letztlich über die Umlage zahlen müssen.

Außerdem sind die gesunkenen Strompreise nicht an die Endverbraucher weitergegeben worden. Stattdessen haben sich die Preise für private Haushalte seit der Jahrtausendwende sogar nahezu verdoppelt. »Ohne öffentliche Aufsicht bekommen wir die Strompreisentwicklung nicht in den Griff«, warnt deshalb die stellvertretende Vorsitzende der LINKEN im Bundestag, Caren Lay. Ihre Fraktion fordert unter anderem die Reduzierung der Stromsteuer sowie die Schaffung von Energiewendefonds. Dadurch würde eine durchschnittliche Familie nicht nur um vier Euro wie durch die aktuelle Absenkung der Umlage sondern um 185 Euro pro Jahr entlastet werden.

Ein weiterer Dorn im Auge von Opposition und Verbraucherschützern sind zudem die Rabatte, die die Bundesregierung der energieintensiven Industrie gewährt und die rund fünf Milliarden Euro ausmachen. Die Grünen etwa werfen der Koalition vor, dadurch eine Entlastung der Haushalte zu verhindern. »Gabriel hat die großzügigen Befreiungen für die energieintensive Industrie ausgeweitet«, sagte die energiepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Julia Verlinden. Derzeit profitieren rund 2100 Unternehmen von der Befreiung. Vertreten sind darunter auch wahre Klimakiller wie die Braunkohlesparte von Vattenfall und ExxonMobil.

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