Bröckelnde Wählerbasis

Martin Ling über den Wahlsieg von Dilma Rousseff in Brasilien

Brasiliens Arbeiterpartei (PT) kann durchatmen: Dilma Rousseff hat die Stichwahl gewonnen, weit knapper als vor vier Jahren, aber Sieg ist Sieg. Viel Zeit zum Verschnaufen nach einem harten Wahlkampf bleibt der alten und neuen Präsidentin jedoch nicht. Es gibt viele Baustellen zu bearbeiten. Dass ein wirtschaftsliberaler und ausgewiesen unternehmerfreundlicher Kandidat wie Aécio Neves über 48 Prozent der Stimmen einheimst, ist ein Schuss vor den Bug für die PT. Offenbar hat sich ein Teil derjenigen, denen in der PT-Ära seit 2003 der Aufstieg in die untere Mittelschicht gelang, sich wegen der schwächelnden Konjunktur von Neves’ Versprechen ködern lassen, die Wirtschaft wieder auf Vordermann zu bringen.

Rousseff muss in ihrer neuen Amtszeit die vernachlässigten öffentlichen Dienstleistungen wie Gesundheit, Bildung und Transport ins Visier nehmen. Dort bedarf es massiver Investitionen und nur so wird die PT die relativen Aufsteiger zurückgewinnen können, denen das Mehr an Konsum allein nicht mehr reicht. Um das zu finanzieren, kommt Rousseff um eine Kraftprobe mit den Reichen und der oberen Mittelschicht nicht herum: Nur mit einer progressiveren Vermögens- und Einkommensbesteuerung als bisher kann sie die für die Investitionen notwendigen Mittel beschaffen. Leicht wird das nicht, denn im Senat und Parlament ist die PT in der Minderheit.

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