Einkommensschere schadet der Wirtschaft
Studie: Ungleiche Verteilung verringert BIP-Wachstum
Paris. Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat die wachsende Einkommensungleichheit nicht nur soziale Auswirkungen, sondern beeinflusst auch die wirtschaftliche Entwicklung. Laut einer aktuellen Studie wuchs etwa in Deutschland das inflationsbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf zwischen 1990 und 2010 um etwa 26 Prozent. Nach Berechnung der Autoren hätte das Wachstum bei stagnierender Einkommensungleichheit aber um fast sechs Prozentpunkte höher ausfallen können. Noch stärker sei der Effekt in Neuseeland oder Mexiko: Hier habe die Ungleichheit über zehn Prozentpunkte des BIP-Wachstums gekostet.
Den größten negativen Einfluss hat demnach das Auseinanderdriften der ärmsten 40 Prozent vom bessergestellten Bevölkerungsteil. Ärmere Gruppen investierten meist weniger in Bildung; das beeinflusse die soziale Mobilität und die Ausbildung von Kompetenzen. So seien Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss haben, weniger gebildet als Kinder von Eltern mit mittlerer oder hoher Bildung. In Ländern, in denen die Einkommen ungleicher verteilt sind, verschlechtern sich die Ergebnisse dieser Kinder noch einmal. Ähnliches lässt sich bei der Bildungsbeteiligung beobachten: Bei Menschen mit sozial schwachem Hintergrund nimmt sie ab - und zwar stärker in Ländern mit hoher Ungleichheit. Diese »Investitionslücke in Bildung« betreffe nicht nur die Ärmsten, sondern auch die untere Mittelklasse. Neben finanzieller Unterstützung sei deshalb ein verbesserter Zugang zu Bildung und Weiterbildung sowie zu Gesundheitsdienstleistungen notwendig.
Eine Umverteilung mittels Steuern und Transfers müsse nicht schlecht für das Wirtschaftswachstum sein, wenn sie zielgerichtet stattfinde, so die Autoren. Vor allem Familien mit Kindern sowie junge Menschen brauchten Unterstützung. »Der Kampf gegen Ungleichheit muss in das Zentrum der politischen Debatte rücken. Wachsen und gedeihen werden vor allem jene Länder, die alles daran setzen, dass ihre Bürger von klein auf gleiche Chancen haben«, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría.
Laut der Studie ist die Kluft zwischen Arm und Reich in vielen der 34 OECD-Länder so groß wie seit 30 Jahren nicht mehr. Auch in Deutschland hat sich der Abstand zwischen Arm und Reich seit Mitte der 1980er erhöht: Damals verdienten die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung fünf Mal so viel wie die ärmsten zehn Prozent. Inzwischen liegt das Verhältnis bei 7:1. nd
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