Flüchtlinge entkommen Brand in Protestlager

Mehrere Zelte in Hannover abgebrannt / Polizei geht von Brandstiftung aus

  • Fabian Köhler und Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Drei Flüchtlinge entkamen nur knapp den Flammen: In Hannover gingen am Donnerstagmorgen die Zelte eines Protestlagers afrikanischer Flüchtling in Flammen auf. Die Polizei geht nach ersten Ermittlungen von Brandstiftung aus.

Hannover. War es Brandstiftung oder ein Unfall? Am frühen Donnerstagmorgen ist am hannoveranischen Weißekreuzplatz ein Protestcamp von Flüchtlingen abgebrannt. Drei schlafende Flüchtlinge wurden von der Polizei gerettet, bevor ihr Zelt in Flammen aufging. Nach ersten Ermittlungen spricht die Polizei von Brandstiftung.

Nach Auskunft der hannoveranischen Polizei entstand das Feuer in einem Versorgungszelt und griff dann auf ein angrenzendes Zelt über. Gegenüber »nd« erklärt Polizei-Pressesprecher Holger Hilgenberg, dass Passanten gegen 2.20 Uhr Rauch gesehen und die Feuerwehr alarmiert hätten. Die Polizei habe dann drei Männer aus einem Nachbarzelt retten können. Einer sei mit Verdacht auf eine leichte Rauchvergiftung in ein Krankenhaus eingeliefert worden. »Ihm müsste es schon wieder gut gehen«, sagte Hilgenberg. Der Sachschaden belaufe sich auf rund 5.000 Euro.

Nach den ersten Untersuchungen von Brandermittlern teilte die Polizei mit, dass von Brandstiftung auszugehen sei. Noch nicht geklärt sei jedoch, ob das Feuer vorsätzlich gelegt wurde oder durch Fahrlässigkeit entstand. Die Beamten hoffen nun auf Zeugenhinweise, vor allem von vier Personen, die sich zur Zeit des Brandes unweit des Camps aufgehalten haben sollen. Zuvor hatten die Flüchtlinge selbst bereits von Brandstiftung gesprochen: »Wir denken, dass ein Unbekannter die Feuer gelegt hat, um das Camp zu sabotieren«, schrieben sie in einer ersten Erklärung.

Schon wenige Minuten nach den ersten Presseveröffentlichungen gingen im Netz die ersten Schuldzuweisungen gegenüber den Flüchtlingen und rassistische Kommentare ein. So vermuten viele User auf der Facebook-Seite der »Hannoverschen Allgemeinen«, die Flüchtlinge hätten das Feuer selbst gelegt um Aufmerksamkeit zu erregen. »Sie können überhaupt froh sein, das sie hier bleiben dürfen und können und nicht wie in andere Länder, wo gleich abgeschoben wird« (sic!), scheibt ein Leser. Ein anderer fordert: »Den Platz räumen und das sofort!«

Seit einem halben Jahr halten sich in dem »Refugee Protest Camp« auf einem Platz hinter Hannovers Hauptbahnhof mehrere Menschen aus Afrika auf, vorwiegend Sudanesen. Sie demonstrieren mit dieser Aktion für eine vollständige Gleichbehandlung aller Asylbewerber. Rechtlich betrachtet die Polizei das Camp als Versammlung. Demzufolge konnte sie den Flüchtlingen auf der Grundlage des niedersächsischen Versammlungsgesetzes eine bittere Auflage erteilen: Sie dürfen ihr Camp nicht winterfest machen.

Erst am Mittwochabend waren Camp-Aktivisten mit Unterstützern, Politikern und Vertretern des Flüchtlingsrates zusammen gekommen, um unter anderem die Frage zu erörtern: »Wie kommt das Camp sowohl politisch wie aber auch ganz materiell durch die kalte Jahreszeit?«

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