Frankreich sucht nach Terror-Unterstützern

Al-Qaida-Ableger droht mit weiteren Anschlägen / Frankreich trauert nach den Terrorattacken / Mindestens 17 Opfer zu beklagen / Hollande: Das Land wurde über drei Tage hinweg angegriffen / Solidaritätsmarsch am Sonntag

  • Lesedauer: 4 Min.

Update 12.00 Uhr: Nach Ende der Anti-Terror-Einsätze konzentrieren sich die Ermittler in Frankreich auf die Suche nach Unterstützern der islamistischen Gewalttäter. In Paris rief Präsident François Hollande am Samstagmorgen erneut Minister und Sicherheitsdienste zu einer Krisensitzung zusammen.

Die Polizei jagt die weiterhin flüchtige Freundin des getöteten Geiselnehmers Amedy Coulibaly (32). Die 26-Jährige wird im Zusammenhang mit der Schießerei vom Donnerstag im Süden von Paris gesucht, bei der eine Polizistin starb. Dafür wird Coulibaly verantwortlich gemacht, der später Geiseln in einem jüdischen Geschäft im Osten der Hauptstadt nahm.

Neben einer Bilanz der Polizeieinsätze gegen die islamistischen Terroristen steht für die Regierung der große Solidaritätsmarsch am Sonntag in Paris im Vordergrund. An der Kundgebung für die Opfer des Anschlags auf das Satiremagazin »Charlie Hebdo« vom Mittwoch wollen zahlreiche europäische Regierungschefs teilnehmen, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Sigmar Gabriel, Großbritanniens Premier David Cameron, Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy und sein italienischer Kollege Matteo Renzi. »Es ist ein wichtiges Zeichen deutsch-französischer Freundschaft, dass wir in diesen Stunden zusammenstehen«, sagte Merkel in Hamburg.

Frankreichs Premier Manuel Valls kündigte an, der »republikanische Marsch« nach Anschlägen und Geiselnahmen mit 17 unschuldigen Opfern werde durch ein massives Sicherheitsaufgebot geschützt.

Al-Qaida-Ableger droht mit weiteren Anschlägen

Paris. Die Terrorgruppe Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) hat Frankreich mit weiteren Anschlägen gedroht. Es werde neue Angriffe geben, sollte das Land nicht damit aufhören, den Islam, seine Symbole und die Muslime zu »bekämpfen«, schrieb die Dschihad-Beobachtungsplattform Site am Freitagabend. Sie berief sich auf eine per Video verbreitete Rede von Harith bin Ghasi al-Nadhari, einer der wichtigsten Glaubenshüter der Gruppe. »Einige der Söhne Frankreichs waren respektlos gegenüber Allahs Propheten«, daher sei eine Gruppe von »gläubigen Soldaten Allahs« gegen sie vorgegangen und habe ihnen Respekt beigebracht. Bei mehreren Terrorattacken waren in Frankreich in den vergangenen Tagen mindestens 17 Menschen getötet worden.

AQAP ist einer der größten Ableger des weltweit agierenden Al-Kaida-Netzwerks. Die sunnitischen Extremisten nutzen den instabilen Jemen unter anderem als Rückzugsort und Rekrutierungsbecken. Einer der beiden mutmaßlichen Attentäter auf das Satiremagazin »Charlie Hebdo« in Paris hat nach Informationen von US-Medien ein Terror-Training im Jemen absolviert.

Spezialeinheiten der Polizei erschossen am Freitag das Brüder-Paar, das hinter dem Anschlag auf das Satiremagazin »Charlie Hebdo« mit zwölf Toten stecken soll. Fast zeitgleich beendeten sie eine Geiselnahme. Dieser Attentäter soll bei einem Überfall auf ein jüdisches Lebensmittelgeschäft im Osten der Hauptstadt vier Geiseln getötet haben. Tags zuvor soll er eine Polizistin erschossen haben.

Präsident François Hollande sprach im Fernsehen von einer »Tragödie für die Nation«. Er fügte hinzu: »Frankreich wurde über drei Tage hinweg angegriffen.« Das schockierte und tief getroffene Land sucht in dieser äußerst schwierigen Lage Geschlossenheit und den Schulterschluss mit europäischen Partnern. Zu einem Solidaritätsmarsch für die Opfer des Anschlags auf »Charlie Hebdo« wollen am Sonntag zahlreiche europäische Regierungschefs in die französische Hauptstadt reisen.

Von der EU kommen Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Ratspräsident Donald Tusk und die Außenbeauftragte Federica Mogherini. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Großbritanniens Premier David Cameron, Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy, sein italienischer Kollege Matteo Renzi und Belgiens Premier Charles Michel sagten ihre Teilnahme zu. »Es ist ein wichtiges Zeichen deutsch-französischer Freundschaft, dass wir in diesen Stunden zusammenstehen«, sagte Merkel in Hamburg.

Unterdessen wurden Details von der Fahndung nach den Tätern in Frankreich bekannt. Beim Überfall der beiden mutmaßlichen »Charlie-Hebdo«-Attentäter auf eine Druckerei nordöstlich von Paris konnte sich ein Mann in einem Karton verstecken und per Telefon die Fahnder informieren. Die beiden Terroristen, die sich in einem anderen Teil des Industriegebäudes aufhielten, hätten den Mann nicht entdeckt, der inzwischen als Held gefeiert werde, berichtete der TV-Sender BFMTV am Freitagabend. Der Mann habe die Polizei detailreich über die Örtlichkeit informiert. Die beiden Terroristen rannten später aus dem Gebäude und wurden von der Polizei erschossen.

Derweil sorgte eine Geiselnahme in der südfranzösischen Stadt Montpellier vorübergehend für Aufregung gesorgt. Französischen Medienberichten zufolge gibt es aber keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen den Ereignissen sowie auf einen terroristischen Hintergrund. Ein Mann hatte am Freitag in einem Juweliergeschäft in Montpellier zwei dort angestellte Frauen als Geiseln genommen. Zuvor habe der Täter den Laden überfallen. Der Mann habe sich in der Nacht zu Samstag ergeben, schreibt etwa die Zeitung »Midi Libre« (Online). Es sei niemand verletzt worden. nd/Agenturen

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