Danke, Islamischer Staat!

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: 3 Min.

Lieber IS,

du erhältst sicherlich nicht oft Briefe wie diesen. Und auch ich hätte nicht gedacht, dass ich mich einmal mit solchen Worten an dich wende. Aber heute möchte ich dir danken. Nur um sicher zu gehen: Ich finde dein us-gesponsertes Splatter-Kalifat hat mit islamischer Tradition so viel zu tun, wie die Fusselbärte deiner hirngewaschenen Anhänger mit dem dichten Haar des Propheten. Ich war mit meinem Dasein als Kafir eigentlich immer ganz zufrieden, aber allein wegen dir wünsche ich, es gebe jenen Gott, dessen Namen du unentwegt missbraucht. Damit er dich endlich an den Ort befördert, an dem - wie es der Koran für dich vorgesehen hat - für alle Ewigkeit dein drogenverseuchtes Hirn kochen und deine Haut brennen wird.

Jetzt, da ich das losgeworden bin, zurück zur eigentlichen Sache: Ich möchte dir danken. Für deinen Terror-Tweet. Dafür, dass du – wenn auch unfreiwillig - dazu beigetragen hast, dass heute Abend in Dresden keine Pegida-Kundgebung stattfindet. Es kann sein, dass du gar nicht weißt, wovon ich rede. Die Wahrscheinlichkeit ist sogar recht groß. Dass du als angeblich erfolgreichste Terrormiliz ever dir ausgerechnet einen klein-kriminellen Koks-Junkie aus Sachsen als erstes deutsches Opfer ausgesucht hast, wird deinem Drang nach pathetischen Auftritten wirklich nicht gerecht. Die Armeen zweier Länder und die mächtigsten Geheimdienste der Welt konnten nicht verhindern, dass du quasi über Nacht den halben Nahen Osten unterjochst. Und nun scheiterst du an einem Twitter-Post?

Zur Sicherheit möchte ich mich deshalb auch bei all jenen bedanken, die statt deiner für die Absage der Kundgebung verantwortlich sein könnten: Danke, du chronisch überreagierender sächsischer Beamter, der mal wegen ein paar Kapuzenträgern hunderttausende Handydaten sammelt und nun wegen einem Twitter-Post kurzerhand ein Grundrecht abschafft. Ich danke auch dir, lieber verwirrter Kameradschaftler, der beim letzten Pegida-Orgatreffen auf die Super-Idee kam, die Lügenpresse würde auf eure gefakte Terrordrohung mit #JeSuisLutz-Titelseiten reagieren. Zur Sicherheit danke ich auch dir, Mitarbeiter des Staatsschutzes, der zu jeder politisch gewünschten Terrorgefahr den passenden Textschnipsel im Netz findet. Und ich danke dir, 14-jähriger Fusselbart-Türke aus Neukölln, der jetzt mit ganz viel Pupu in der Hose seinen Eltern erklären muss, warum das SEK vor der Tür steht.

Ich danke dir für diesen Montagabend, an dem einmal nicht Tausende in Dresdens Innenstadt gegen Migranten (und jene, die sie dafür halten) hetzen. Ich danke dir dafür, dass der Theaterplatz wenigsten diese Woche nicht zum Podium für rassistische Parolen wird. Danke, dass die Straßenbahn heute nicht dutzende Neonazi-Gruppen ausspucken wird. Ich danke dir dafür, dass Dresdens Innenstadt heute Abend nicht schon wieder zur national befreiten Zone wird. Dafür, dass türkische Jugendliche heute hoffentlich keine Angst haben müssen, mit Elektroschockern durch die Centrum-Galerie gehetzt zu werden.

Danke dafür, dass zumindest diese Woche Politiker und Journalisten nicht gestiegene Teilnehmerzahlen zum Anlass nehmen können, fremdenfeindliche Stereotype zu »berechtigten Sorgen« zu verklären. Danke für den einen Montag, an dem in Dresden nicht erneut jenes Feuer des Rassismus entfacht wird, das andernorts Flüchtlingsheime in Brand steckt. Ich danke dir dafür, dass an diesem Montagabend nicht wieder zehntausende »ganz normale Deutsche« skandieren, was für Flüchtlinge, Muslime und Migranten längst wie die wahre Terrordrohung klingen muss: »Wir sind das Volk«.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal