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CDU und SPD verschärfen Umgangston

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.
In gegenseitigen Presseerklärungen beharken sich die Koalitionsparteien, so als wären sie nicht gemeinsam in der Regierung, sondern stünden in Opposition zueinander.

Der Ton in der Großen Koalition wird rauer. »Setzt Stadtentwicklungssenator Geisel die richtigen Prioritäten?« ist eine Presseerklärung des CDU-Landesverbandes vom Donnerstagmorgen überschrieben. In dem Text selbst wird die Frage natürlich klar mit Nein beantwortet: »Seine Wunschträume nach neuen Straßenbahnen scheinen ihm den Blick für die Realitäten zu verschleiern«, heißt es an einer Stelle. Oder: »Sollte jemand Senator Geisel einen Karnevalsorden verleihen wollen, schlage ich das ›Tempo-10-Schild am Bande vor‹ vor, um ihn an die dringendsten Probleme in seinem Haus zu erinnern, die er schnellstens angehen muss«, erklärt CDU-Generalsekretär Kai Wegner.

Dass der CDU-General fürs Grobe zuständig ist, versteht sich von selbst. Dass ein Koalitionspartner einen Senator seines Partners derart öffentlich bloß stellt, obwohl er noch nicht einmal 100 Tage im Amt ist, ist allerdings sicher nicht häufig zu beobachten. Zumal der neue Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) zurzeit bemüht ist, seine Regierungsmannschaft als tatkräftig und anpackend rüberzubringen.

Rot-schwarze Dissonanzen gab es in der jüngeren Vergangenheit auch beim Thema Olympia-Befragung und Beteiligung. Die in der SPD relativ autonom agierende Arbeitsgemeinschaft Migration ließ dazu wissen, dass die CDU durch den Ausschluss von über einer halben Million Berlinerinnen und Berliner »old school« sei und dies kaum zu einer modernen Großstadt passe, wenn »doch gut zur altbackenen CDU«.

Es sind jedoch nicht nur kleine Sticheleien, beim Thema Gas- und Stromnetz wurden in den vergangenen Monaten mit härtesten Bandagen gekämpft - bis hin zur Konsultierung von Anwälten. In der CDU spielt man die Fragen nach einer neuen Stimmung dennoch herunter. »Wir erkennen keine neuen Umgangsformen und keinen neuen Ton«, sagt Landessprecher Johann von Diest.

Möglicherweise sind die gegenseitigen Presseerklärungen aber auch erste Vorboten des sich abzeichnenden Wahlkampfes. Die nächste Abgeordnetenhauswahl ist zwar erst für den Herbst 2016 geplant, erste Absetzbewegungen sind aber offenbar bereits in vollem Gange.

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