Brüssel beharrt auf seinem Programm
Kein Entgegenkommen der EU-Partner im Streit mit Griechenland / Athen sollte Reformpläne vorlegen
Mit Spannung wurde das Treffen der Euro-Finanzminister am Mittwochabend in Brüssel erwartet. In Berlin hieß es sogar, das Bundesfinanzministerium sei sehr »neugierig« auf die Pläne, die Griechenland der EU vorlegen wollte, um im Schuldenstreit voranzukommen. An eine kurzfristige Lösung glaubte schon Tage zuvor kein Beteiligter mehr. Doch immerhin eine vorläufige Einigung wurde nicht ausgeschlossen. Als Voraussetzung dafür nannten die europäischen Geldgeber, dass die griechische Regierung darlegen müsse, wie sie sich die künftige Unterstützung vorstelle.
Schon am Montagabend sorgte die Nachricht von einem Zehn-Punkte-Plan Griechenlands für Schlagzeilen. Am Mittwoch wurden die Angaben darüber nur wenig konkreter. Nachrichtenagenturen berichteten zu einem Treffen von Regierungschef Alexis Tsipras und dem Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), José Angel Gurria, dass sich Athen mit der OECD darauf verständigte, einen Reformplan auszuarbeiten, um die Wirtschaft des Landes anzukurbeln und Korruption zu bekämpfen. Demnach will die griechische Regierung 70 Prozent seiner bisherigen Reformverpflichtungen erfüllen, 30 Prozent aber durch eigene »maßgeschneiderte« Reformen ersetzen. Eine entsprechende Vereinbarung soll am 1. September in Kraft treten, bis dahin soll ein Überbrückungskredit die Pleite des Landes abwenden.
Der ist nötig, weil das aktuelle »Hilfsprogramm« der EU Ende Februar ausläuft. Aufgrund nicht eingehaltener Reformauflagen halten die internationalen Geldgeber die letzten Kreditraten zurück. Möglichen neuen Hilfen - etwa einem Überbrückungskredit oder einer Programmverlängerung - müssten die EU-Mitgliedsstaaten und ihre Parlamente zustimmen. Das Bundesfinanzministerium äußerte am Mittwoch, dass die Zeit begrenzt sei, es gebe aber keinen Zwang zu einer Einigung schon an diesem Mittwoch. Man trete in eine »Phase intensiver Gespräche«.
Auch Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem dämpfte die Erwartungen an das Sondertreffen. »Heute kommt keine Lösung, das weiß ich aus Erfahrung. Das geht Schritt für Schritt«, so Dijsselbloem im niederländischen Parlament. Weitere Kredite werde es nur unter strengen Bedingungen geben. Er dementierte zudem den Zehn-Punkte-Plan und sagte: »Wir haben ein Programm, und das ist unser Ausgangspunkt.«
Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hielt derweil am Ziel der Schuldenerleichterungen für sein Land fest. »Entscheidend ist, dass die griechischen Schulden in naher Zukunft nicht zurückgezahlt werden können«, sagte er dem »Stern«. Unterstützung erhielt er von seinem österreichischen Kollegen Hans Jörg Schelling. Er denke, dass es am Mittwoch eine Lösung geben könne, »wenn Griechenland das wünscht«, sagte Schelling im ORF-Radio. Seiten 4 und 7
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.