Athen und Europa feilen an der Liste

SYRIZA will Milliarden von Reichen holen / Maßnahmen gegen Steuerbetrug, Korruption, Schmuggel geplant / Athen will Steuerschulden von Bürgern und Firmen eintreiben / Liste mit Maßnahmen wird von »den Institutionen« geprüft

  • Lesedauer: 7 Min.

Update 19.20 Uhr: Die SYRIZA-geführte Regierung in Griechenland wird die von den Europartnern geforderte Liste voraussichtlich erst am Dienstag endgültig fertigstellen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montagabend aus Kreisen des Finanzministeriums in Athen. Auch andere Medien hatten darüber berichtet, es hieß auch, das Vorgehen sei mit der Eurogruppe abgestimmt. Dafür gab es aber bisher keine offizielle Bestätigung. Den Informationen zufolge gibt es bislang ein sechs Seiten umfassendes Papier. Auf der Grundlage dieses Dokumentes werde aber noch mit den Geldgebern diskutiert und verhandelt, hieß es in Athen. Das endgültige Dokument mit der Liste, die im Gegenzug zu einer Verlängerung des Kreditprogramms um vier Monate angegangen werden sollen, werde am Dienstagmorgen fertig sein und an die Finanzminister der Eurogruppe geschickt. Zuvor hatte der griechische Regierungssprecher Gavriil Sakellarides erklärt: »Wir diskutieren mit den Partnern, damit die Liste akzeptiert wird. Wir hoffen, dass es keine Komplikationen gibt.« Am Montagvormittag hatte ein EU-Vertreter erklärt, die Liste sei bereits in Brüssel eingetroffen. Eine Sprecherin der EU-Kommission hatte dann am Mittag erklärt, es sei doch noch keine offizielle Liste aus Athen in Brüssel eingetroffen. Brüssel sei in Kontakt mit der griechischen Regierung und es sei normal, dass »Dokumente« zirkulierten, es gebe aber noch keine offizielle Liste Athens.

Update 18.30 Uhr: Die SYRIZA-geführte Regierung hat offenbar noch keine offizielle Liste der Maßnahmen vorgelegt, die von den Gläubigern im Gegenzug für eine Verlängerung des Kreditprogramms verlangt werden. Es werde bis zuletzt an der Liste gefeilt, hieß es. »Wir diskutieren mit den Partnern, damit die Liste akzeptiert wird. Wir hoffen, dass es keine Komplikationen gibt«, sagte Regierungssprecher Gavriil Sakellarides am Montag. Nach Angaben der EU-Kommission in Brüssel wurde die von Deutschland und den anderen Euro-Ländern geforderte Aufstellung spätestens um Mitternacht erwartet. Sie sollte dann unmittelbar im Anschluss von Experten geprüft werden. Am Dienstag wollen die Finanzminister der Euro-Länder dann in einer Telefonkonferenz darüber entscheiden, ob das Kreditprogramm für Griechenland bis Ende Juni verlängert wird. Wird das aktuelle europäische Hilfsprogramm nicht verlängert, droht Griechenland die Staatspleite.

Update 15.10 Uhr: Die Grünen haben sich für eine Zustimmung des Bundestages zur Verlängerung des Kreditprogramms für Griechenland ausgesprochen, wenn die Athener Regierung jene Auflagen einhält, die von breiten Teilen der deutschen Politik als »Reformzusagen« bezeichnet werden, tatsächlich aber Kürzungsauflagen und Deregulierungsbedingungen der Gläubiger sind. Wenn Griechenland deutlich gemacht habe, dass es seinen Teil der Verantwortung übernehme, »dann müssen wir unseren Teil der Verantwortung übernehmen«, sagte Parteichef Cem Özdemir am Montag in Berlin. Den Griechen müssten die vier Monate mehr Zeit gewährt werden, damit Maßnahmen weiter umgesetzt werden könnten: »Das hat die neue Regierung erst einmal verdient: eine Chance - aber nicht ohne Gegenleistungen.« Er sei froh, dass sich die griechische Regierung weiter entwickelt und ihre Positionen entsprechend angepasst habe, sagte Özdemir.

Update 14.20 Uhr: »Wo bleibt der Widerstand?« - fragen sich am kommenden Mittwoch Linksfraktionsvize Sahra Wagenknecht, der Schriftsteller und Politikwissenschaftler Raul Zelik sowie Alex Demirovic, der zurzeit wohl bekannteste deutsche Vertreter der Kritischen Theorie. Ab 19 Uhr soll es im Münzenberg-Saal am Franz-Mehring-Platz 1 um »linke Antworten auf die deutsche Gleichgültigkeit in der europäischen Krise« gehen. »In der Europäischen Union wird neben der katastrophalen Sparpolitik in den 'Krisenländern' auch ein autoritärer EU-Integrationsschub durchgesetzt, der für alle Mitgliedstaaten neoliberale Reformen technokratisch festlegen soll«, heißt es in der Einladung der Blockupy Plattform Berlin. »Warum schafft es die gesellschaftliche Linke in Deutschland nicht mit einer emanzipatorischen Kritik an der autoritär-neoliberalen EU-Politik zu überzeugen? Ist ein breites Aufbegehren gegen die neoliberale Offensive möglich, ohne dabei in nationalistische Denkmuster zu verfallen? Kann ziviler Ungehorsam wie bei Blockupy an die Unzufriedenheit der Bevölkerung anknüpfen, oder wirkt er abschreckend? Was sind abstrakte Solidarität und Symbolpolitik wert?« Mehr Infos zur Diskussion gibt es hier. Und die große Übersicht zur SYRIZA-Debatte @ndaktuell findet man hier.

Update 12.45 Uhr: Eine Sprecherin der EU-Kommission hat am Montagmittag erklärt, es sei doch noch keine offizielle Liste aus Athen in Brüssel eingetroffen. »Wir haben keine Liste der griechischen Regierung erhalten«, sagte eine Kommissionssprecherin am Montagmittag. Brüssel sei in Kontakt mit der griechischen Regierung und es sei normal, dass »Dokumente« zirkulierten, es gebe aber noch keine offizielle Liste Athens. Die griechische Regierung habe nach dem Beschluss der Finanzminister bis zum Ende des Tages Zeit, um die Liste einzureichen. Damit reiche es im Prinzip, wenn Athen die Maßnahmen bis Mitternacht präsentiere. Ein EU-Vertreter hatte zuvor gesagt, die Liste sei bereits eingetroffen.

Update 12.10 Uhr: Die SYRIZA-geführte Regierung in Griechenland hat die von den Euro-Partnern verlangte Liste mit Maßnahmen, die im Gegenzug zu einer Verlängerung des Kreditprogramms um vier Monate angegangen werden sollen, nun offiziell vorgelegt. Die Liste sei in Brüssel eingetroffen, sagte ein EU-Vertreter am Montag. Die Liste soll nun von Experten der drei Institutionen EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) im Schnellverfahren bewertet werden. In einer Telefonkonferenz sollen die Finanzminister der Eurozone dann entscheiden, ob die angekündigten Maßnahmen ausreichen. Für die Konferenz wurden nach Angaben aus EU-Kreisen zwei Zeiträume reserviert: am Dienstagmittag oder am frühen Nachmittag. Es werde aber »noch keine wirkliche Entscheidung« der Institutionen über den Gehalt der Liste geben, hieß es aus EU-Kreisen. Dafür sei es zu früh. Nach der Vereinbarung vom Freitag soll die Reformliste bis Ende April im Detail geprüft und fertig gestellt werden.

Update 11.40 Uhr: Die Liste der griechischen Regierung mit den Maßnahmen, welche die Gläubiger im Gegenzug für eine Verlängerung des Kreditprogramms um vier Montage verlangen, ist fast fertig und soll am Montag an die internationalen Gläubiger geschickt werden. Es seien auch Schritte zur Entlastung der notleidenden Griechen aufgeführt, sagte der griechische Regierungssprecher Gavriil Sakellarides am Montag im Fernsehen. »Wir diskutieren mit den Partnern, damit die Liste akzeptiert wird. Wir hoffen, dass es keine Komplikationen gibt.« Weitere Details des griechischen Reformplans nannte Regierungssprecher Sakellarides am Montag im griechischen Fernsehen zunächst nicht. Auch Kreise im Athener Finanzministerium hielten sich bedeckt.

SYRIZA will Milliarden von Reichen holen

Berlin. Die SYRIZA-geführte Regierung will rund 2,5 Milliarden Euro durch die Besteuerung reicher Griechen und Oligarchen sowie weitere 2,5 Milliarden Euro durch das Eintreiben von Steuerschulden bei Bürgern und Unternehmen einnehmen. Das geht Berichten zufolge aus der Liste mit Maßnahmen hervor, welche die Gläubiger im Gegenzug für eine Verlängerung des Kreditprogramms um vier Montage verlangen. Gemäß der am Freitagabend verabschiedeten Erklärung der 19 Euro-Finanzminister muss Griechenland »auf Basis des bisherigen Programms« »eine Liste mit Reformmaßnahmen« vorlegen.

SYRIZA hat Liste an »die Institutionen« geschickt ++ Drei Seiten mit Maßnahmen vor allem gegen Steuerhinterziehung und Korruption ++ Varoufakis: Zustimmung der Eurogruppe »vollkommen sicher« ++ SPD-Chef Gabriel will Athen »Respekt signalisieren« ++ Der Newsblog vom Sonntag zum Nachlesen

Berichten über den Inhalt der Liste zufolge, die bereits am Sonntag vorläufig an »die Institutionen« aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds geschickt und nun von diesen geprüft werden soll, plant Athen auch, den Schmuggel von Benzin und Zigaretten zu stoppen, was die Steuereinnahmen ebenfalls erhöhen würde. Wie die »Bild«-Zeitung unter Berufung auf griechische Regierungskreise berichtete, soll der Reformplan der griechischen Regierung mehr als sieben Milliarden Euro einbringen. Geplant sind nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur darüber hinaus Maßnahmen gegen Steuerbetrug und Korruption.

Vorgabe der Gläubiger ist es, dass das aktuelle Programm erfolgreich beendet wird - was Athen lange ablehnte. Erst bei Abschluss können etwa die auf Eis liegende Kredittranche von 1,8 Milliarden Euro sowie zugesagte Zinsgewinne der EZB aus griechischen Anleihen von 1,9 Milliarden Euro fließen. Grundlage seien die umstrittenen Kürzungs-, Privatisierungs- und Deregulierungsvorgaben der aktuellen Vereinbarungen, wobei weitgehende Flexibilität möglich sei, hieß es. Griechenland sagte zu, keine vereinbarten Maßnahmen zurückzunehmen und die Forderungen aller Gläubiger zu erfüllen. Beim Etatüberschuss - ohne Zins- und Tilgungsleistungen - hat Athen etwas Spielraum erhalten.

Bisher wurde der hoch verschuldete Staat mit 240 Milliarden Euro vor dem Bankrott gerettet. Das aktuelle Kreditprogramm läuft am 28. Februar aus. Am Dienstag wollen die Euro-Finanzminister dann beraten, ob das bisherige Kreditprogramm für das Land um weitere vier Monate verlängert werden kann. Darüber muss anschließend unter anderem der Bundestag abstimmen. Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) sagte, wenn die linksgeführte Regierung in Athen einzelne Sparbeschlüsse kippen wolle, müsse sie gleichwertige Alternativen vorschlagen. Andernfalls werde es schwierig, im Bundestag Mehrheiten zu bekommen, sagte er dem »Handelsblatt«. Agenturen/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal