Ostermärsche: Tausende gegen Krieg und Rassismus

Friedensaktivisten fordern Verbot von Rüstungsexporten, Schließung von NATO-Einrichtungen und Verzicht auf Auslandseinsätze der Bundeswehr

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Berlin. Am zweiten Tag der Ostermärsche haben bundesweit mehrere tausend Menschen gegen Krieg, Gewalt, Rüstungsexporte und Rassismus demonstriert. Vor allem die Sorge vor einer weiteren Eskalation des Ukraine-Konfliktes war ein zentrales Thema. Auch der anhaltende Bürgerkrieg in Syrien und die Bedrohungen durch die Terrormiliz »Islamischer Staat« spielte auf den traditionellen Demonstrationen und Kundgebungen eine Rolle. Die Friedensaktivisten forderten bei den Kundgebungen ein Verbot von Rüstungsexporten, die Schließung von NATO-Einrichtungen, den Verzicht auf Auslandseinsätze der Bundeswehr, den Stopp militärischer Forschung und die Vernichtung von Atomwaffen.

Größere Aktionen gab es besonders in Nordrhein-Westfalen, wo in Duisburg der dreitägige Rhein-Ruhr-Ostermarsch begann. Auch aus Bremen und Kiel wurden Aktionen mit jeweils mehreren hundert Teilnehmern gemeldet. Größere Kundgebungen gab es unter anderem auch in Hannover und Stuttgart. Auch in Erfurt fand ein Ostermarsch statt. Die Veranstalter wiesen darauf hin, trotz vielfach schlechten Wetters seien die Teilnehmerzahlen im Vergleich zum Vorjahr ungefähr konstant geblieben. »Wir wollen keine Kriege, wir wollen kein militaristisches, sondern ein soziales Europa«, erklärte der Sprecher der Infostelle Ostermarsch, Willi van Ooyen. Im vergangenen Jahr nahmen insgesamt etwa 30.000 Menschen an den Ostermärschen teil.

In Berlin gingen am Samstag unterschiedlichen Angaben zufolge etwa 1.000 bis 1.500 Menschen unter dem Motto »Die Waffen nieder« auf die Straße. Sie machten sich vor allem für einen friedlichen Dialog mit Russland in der Ukraine-Krise stark. Auf einem Banner stand: »NATO - Hände weg von der Ukraine.« Die Demonstranten trafen sich am Bahnhof Friedrichstraße und marschierten zum Lustgarten an der Museumsinsel. Am Rande der Demonstration soll es Berichten zufolge eine Attacke auf Journalisten gegeben haben, die Polizei nahm eine Person fest.

Beim traditionellen Ostermarsch am Samstag in Leipzig haben sich unter dem Motto »Bekennt euch zum Frieden!« nach Veranstalterangaben rund 200 Menschen versammelt. Zum Auftakt der Demonstration wurde auf dem Nikolaikirchhof im Sinne der DDR-Friedensbewegung ein Schwert zu einer Sichel umgeschmiedet. Das Symbol geht auf ein biblisches Wort des Propheten Micha zurück. Dort heißt es: »Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen.«

Friedensaktivisten hatten unter anderem auch zu Demonstrationen und Kundgebungen in München, Ansbach, Erlangen, Würzburg, Augsburg und Traunstein aufgerufen. Slogans wie »Kooperation statt Konfrontation« (Augsburg) oder »Gemeinsame Sicherheit statt Konfrontation« (München) sollten dem Ausdruck verleihen. In Traunstein demonstrierten die Teilnehmer unter dem Motto »Gemeinsam für Frieden und soziale Gerechtigkeit«. In München forderte Clemens Ronnefeldt vom Internationalen Versöhnungsbund Russland und den Westen auf, den Ukraine-Konflikt nicht mit Waffenlieferungen anzuheizen.

Mit einem Marsch entlang der Molen von Warnemünde hat sich das Rostocker Friedensbündnis am Samstag an den bundesweiten Ostermärschen beteiligt. Zu Beginn der Kundgebung kamen nach Angaben einer Sprecherin etwa 25 Demonstranten, insgesamt wurden 100 erwartet. Die Teilnehmer hätten besonders das Rostocker Marinekommando und den Marinehafen Hohe Düne im Blick, sagte die Sprecherin. Die dort beheimateten Korvetten sind im internationalen Einsatz vor dem Libanon unterwegs. Auch in Wismar fand am Samstag ein Ostermarsch statt. Hier kamen nach Angaben der Polizei etwa 50 Demonstranten. Der Veranstalter sprach von 75 Teilnehmern bei der Abschlusskundgebung.

Rund 200 Aktivisten aus Wiesbaden und Mainz haben am Samstag bei strömendem Regen mit einem gemeinsamen Ostermarsch in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt für den Frieden demonstriert. Der Marsch steht unter dem Motto »Für eine Welt ohne Krieg, Militär und Gewalt«. Im Mittelpunkt der Reden auf der Abschlusskundgebung habe der Konflikt in der Ukraine gestanden, sagte Koordinator Gernot Lennert. Es sei der »nasseste Ostermarsch« in der Geschichte der Veranstaltung gewesen, die in dieser Form seit 2004 stattfinde.

Bis Ostermontag führt der Ostermarsch Ruhr, einer der bundesweit größten, über Essen, Gelsenkirchen, Wattenscheid und Herne nach Bochum und Dortmund. Auf der letzten Etappe in der Dortmunder Innenstadt wird an die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki vor 70 Jahren erinnert, anschließend geht der dreitägige Ostermarsch mit einem Friedensfest zu Ende. Kundgebungen in Nordrhein-Westfalen mit insgesamt mehreren hundert Teilnehmern fanden am Samstag auch in Münster und Bielefeld statt, wo die Schaffung eines Nationalparks auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Senne gefordert wurde.

Vor der Kommandozentrale für die US-Streitkräfte in Europa (EUCOM) in Stuttgart-Vaihingen versammelten sich nach Angaben der Veranstalter etwa 400 Menschen. Der evangelische Pfarrer Dietrich Becker-Hinrichs forderte »eine fundamentale Abkehr von einer Politik des Kriegführens, die immer wieder neuen Terrorismus erzeugt«. Jede Religion habe ein Gewaltpotenzial, aber auch ein mächtiges Friedenspotenzial. Deshalb gelte es, der verbreiteten Islamfeindlichkeit in Deutschland entschieden entgegenzutreten.

Mit einem Gottesdienst vor den Toren des Fliegerhorstes Büchel hatten die Ostermärsche am Freitag in Rheinland-Pfalz begonnen. An diesem Montag ist ein weiterer Marsch in Büchel geplant. Der Luftwaffenstützpunkt gilt als einziger Standort in Deutschland, an dem US-Atomwaffen lagern.

Bereits am Karfreitag hatte es Protestaktionen an der Atomanlage im nordrhein-westfälischen Gronau gegeben. In der Uranfabrik wird auch atomwaffenfähiges Material hergestellt.

Die Ostermarsch-Bewegung war Ende der 50er Jahre in Großbritannien entstanden. Der erste deutsche Ostermarsch fand 1960 in Hamburg statt. Den meisten Zulauf hatte die Friedensbewegung zwischen 1968 und 1983: Damals demonstrierten bei Veranstaltungen in Westdeutschland hunderttausende Menschen gegen den Vietnam-Krieg und für atomare Abrüstung. Agenturen/nd

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