Shell will BG Group schlucken

Die größte Fusion in der Energiebranche seit einem Jahrzehnt steht bevor

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Ölpreis hat sich in den vergangenen Monaten halbiert. Für die Ölkonzerne ist dies ein ernsthaftes Problem, das Shell nun mit einer Übernahme lösen will.

Der niedrige Ölpreis lässt nicht nur die Konjunkturen auf Hochtouren laufen, er lässt auch die Energiekonzerne nervös werden. Denn ihre Profite schmelzen seit längerem dahin. Shell-Chef Ben van Beurden hofft nun eine Lösung für die Probleme seines Konzerns gefunden zu haben. »BG und Shell passen gut zueinander«, sagte er am Mittwoch. Was er damit meint, ist nichts geringeres als die größte Übernahme innerhalb der Energiebranche seit zehn Jahren.

Der britisch-niederländische Konzern will für 47 Milliarden Pfund (64 Milliarden Euro) den britischen Gasproduzenten BG Group kaufen. Und dieser sagte »Ja« zu dem Deal. »Wir gehen davon aus, dass das Geschäft Anfang 2016 perfekt gemacht werden kann«, so BG Group-Vorstandsvorsitzender Andrew Gould. Sollte die Fusion gelingen, würde weltweit nur noch der US-Konzern ExxonMobil größer als Shell sein.

Mit der BG Group kauft Shell nämlich Großbritanniens drittgrößten Energiekonzern, der besonders stark bei Tiefseebohrungen und im Geschäft mit verflüssigtem Gas (LNG) aufgestellt ist. Doch macht das Unternehmen, das aus der ehemaligen Firma British Gas entstanden ist, derzeit schwere Zeiten durch. Der Konzern musste im vergangenen Jahr in Bezug auf seine Gas- und Ölvorräte Wertberichtigungen in der Höhe von fast neun Milliarden Dollar (8,3 Milliarden Euro) vornehmen und rutschte so mit einem Minus von fast einer Milliarde Euro in die Verlustzone. Doch auch Shell hat schon seit Jahren mit einbrechenden Gewinnen zu kämpfen.

Werner Zittel von der Energy Watch Group überrascht die Fusion nicht. Seiner Meinung nach wird es auch nicht die letzte in der Branche sein. »Bei den niedrigen Ölpreisen müssen die meisten Energiekonzerne kämpfen, um überhaupt noch profitabel zu sein«, sagt der Energiemarktexperte.

Von Juni vergangenen Jahres bis Januar hat sich der Ölpreis nämlich mehr als halbiert. Für die europäischen Volkswirtschaften wirkt dies zwar wie ein kleines Konjunkturpaket, doch für die Erdölförderer bedeutet heißt das Verluste bei gleichbleibenden Kosten. Schätzungsweise 70 Millionen Euro weniger verdient deshalb ein Konzern wie Shell pro Tag.

Ein Ziel, das mit der Fusion verfolgt wird, ist deshalb eine Kostensenkung. Mit Einsparungen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro pro Jahr rechnen die beiden Konzerne. Shell-Verwaltungsratchef Jorma Ollila hofft, damit ein »wettbewerbsfähigeres und solideres Unternehmen im derzeitigen Umfeld schwankender Ölpreise« zu schaffen.

Die Übernahme der BG Group hat für Shell noch einen zweiten, strategischen Zweck. Irgendwann werden die Öl- und Gaspreise steigen, doch beide Ressourcen bleiben endlich. »Andere Unternehmen zu schlucken ist da billiger, als neue Felder zu erschließen, falls dies überhaupt noch kostendeckend möglich ist«, erklärt Zittel. So sichert sich Shell mit der Fusion die Öl- und Erdgasreserven der BG Group - um rund 28 Prozent werden damit die Shell-Reserven steigen.

Die Aktionäre beider Unternehmen müssen der Fusion allerdings noch zustimmen. Die BG-Anteilseigner sollen 3,83 Pfund und 0,45 Shell-Aktien vom Typ B pro BG-Aktie bekommen. Sie besäßen dann nach der Fusion einen Anteil von rund neun Prozent am neuen Konzern. Der Deal scheint attraktiv zu sein: Am Mittwoch schoss der Kurs der BG-Aktien um fast 40 Prozent in die Höhe. Die Anteile des Shell-Konzerns sackten indes leicht um drei Prozent ein. Kommentar Seite 4

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