TTIP in Deutschland besonders unbeliebt

Verbraucherschützer mahnt mehr Realismus an

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
In vielen europäischen Ländern wird weniger über das geplante Freihandelsabkommen EU-USA diskutiert als in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage. Kritik gibt es aber fast überall.

Das Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA (TTIP) wird in Deutschland kritischer gesehen als in anderen europäischen Ländern. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage des in London ansässigen Meinungsforschungsinstituts YouGov.

Untersucht wurde die Stimmung in sieben EU-Staaten. In Deutschland und Frankreich, wo die Gegner verstärkt aktiv sind, ist die Haltung demnach besonders negativ. So bewerten 43 Prozent der befragten Deutschen TTIP als »schlecht für ihr Land«, nur 26 Prozent sind gegenteiliger Meinung. Damit scheint die negative Haltung zu wachsen. Nach einer Allensbach-Studie lag der Anteil der Deutschen, die sich noch keine Meinung gebildet haben, im September vergangenen Jahres noch bei 41 Prozent, 31 Prozent sahen das Abkommen kritisch, nur 28 Prozent hielten es für eine gute Sache.

In Frankreich positionieren sich laut YouGov 30 Prozent gegen TTIP, in Großbritannien (19 Prozent), Finnland und Norwegen (18 Prozent) und Schweden (17 Prozent) lehnen rund ein Fünftel der Befragten das Abkommen ab. Rund 60 Prozent jedoch haben in diesen Ländern keine eindeutige Meinung. Als Grund hierfür sehen die Meinungsforscher, dass »die Verhandlungen nirgendwo so stark verfolgt werden wie in Deutschland«. Während hierzulande nur jeder Sechste (16 Prozent) sagt, er habe nichts von TTIP mitbekommen, ist das in Frankreich schon jeder Dritte. In Großbritannien geht das Thema sogar an knapp der Hälfte (47 Prozent) der Befragten vorbei. Auch die Allensbach-Studie hatte gezeigt: Wer sich intensiver mit TTIP beschäftigt hat, ist besonders skeptisch.

Gleichzeitig besteht der Wunsch nach mehr Information. So wird die mangelnde Transparenz bei den Verhandlungen in allen Ländern stark kritisiert, nur in Dänemark und Norwegen liegt dieser Anteil knapp unter 50 Prozent. Zwei von drei Deutschen (63 Prozent) würden es demnach lieber sehen, wenn das Abkommen öffentlich verhandelt würde. In Frankreich liegt dieser Anteil bei 59, in Finnland bei 58 Prozent.

Thematisch wurde nach Verbraucherschutz und den Folgen für den Arbeitsmarkt gefragt. Angesichts der ablehnenden Haltung gegenüber Gentechnik und Chlorhühnchen verwundert es dabei nicht, dass 51 Prozent der befragten Deutschen Verschlechterungen beim Verbraucherschutz befürchten, nur sechs Prozent rechnen mit Verbesserungen. Im internationalen Vergleich scheint das Thema nicht so sehr unter den Nägeln zu brennen: Laut der Umfrage erwarten in Frankreich 37 Prozent Verschlechterungen beim Verbraucherschutz, in Großbritannien sind es nur 18 Prozent. Dagegen befürchten mehr Menschen in Frankreich (31 Prozent) negative Folgen für den Arbeitsmarkt, in Deutschland sind das 29 Prozent. In Finnland (46 Prozent), Großbritannien (44 Prozent) und Dänemark (43 Prozent) gehen die Befragten sogar davon aus, dass TTIP Arbeitsplätze schafft.

Verlässliche Prognosen hierzu gibt es nicht. Nachdem sowohl die CDU als auch der Bundesverband der Deutschen Industrie Aussagen zurücknehmen mussten, nach denen in der EU jährliche Wachstumsimpulse von 100 Milliarden Euro zu erwarten seien, mahnte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, am Mittwoch mehr Realismus an: »Auswirkungen eines Freihandelsabkommens lassen sich nicht auf den Cent genau beziffern.«

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