Franken-Kredit als Falle

Rumäniens Regierung lässt Bankkunden hängen

  • Istvan Deak
  • Lesedauer: 3 Min.

Gute Nachrichten für die rund 18 000 Sparer der Volksbank Romania: Nach der vollständigen Übernahme durch die Banca Transilvania werden Kunden mit Franken-Krediten jetzt von 22,5 Prozent ihrer Schulden befreit, wenn sie binnen eines Monats der Umwandlung der Darlehen in rumänische Lei oder in Euro zum Frankenkurs vom 31. Dezember 2014 zustimmen. Zudem sollen bereits bezahlte Zinsraten, die darüber lagen, zurückerstattet werden.

Die Franken-Kredite wurden vor zehn Jahren von Banken als lukratives Geschäft angepriesen. Kreditzinsen in der Schweiz waren nämlich damals wesentlich günstiger als in Rumänien. Kunden nahmen diesen Zinsvorteil gerne mit, blendeten aber das Risiko aus, dass sich der Wechselkurs zwischen Franken und Euro stark zu ihren Ungunsten verschieben könnte. Am 15. Januar 2015 passierte genau das: Nachdem die Schweizer Nationalbank die Koppelung an den Euro beendete, wertete der Franken massiv auf. Da der Lei nur in gewissen Bandbreiten um die EU-Währung schwanken darf, nahmen die Schulden der rumänischen Kreditnehmer entsprechend zu. Lag der Franken-Kurs zuvor bei 3,7 Lei, erreichte er acht Tage später den historischen Höchststand von 4,581 Lei.

Wie die rumänische Zentralbank mitteilte, sind über 75.000 Privatpersonen betroffen. 95 Prozent von ihnen sind Kunden von nur sechs Banken. Ende Januar hätten der Gesamtwert der Schulden bei 479 Millionen Euro gelegen, eine Steigerung um 17 Prozent im Vergleich zum Dezember 2014.

Wie in anderen osteuropäischen Ländern auch gingen in Rumänien tausende Menschen auf die Straße. Sie verlangten, ihre Kredite auf Basis des Wechselkurses vom 14. Januar festzuschreiben. Demonstrationen gab es in Cluj-Napoca, Timisoara, Iasi und Craiova. Allein in der Hauptstadt Bukarest protestierten fast 2000 verzweifelte Personen. »Genug mit den Lügen, wir wollen reelle Lösungen« oder »Wir wollen Banker verhaftet sehen«, riefen die Menschen auf den Straßen und forderten Präsident Klaus Johannis auf zu reagieren. Nach einem Treffen mit Vertretern der Regierung und der Nationalbank stellte dieser aber klar, dass sich der Staat anders als etwa in Ungarn oder Polen nicht einmischen werde.

Der sozialdemokratische Abgeordnete und Leiter des Finanzausschusses im Parlament, Viorel Stefan, erklärte nach einem Treffen mit Vertretern von EU-Kommission, Weltbank und Internationalem Währungsfonds, diese hätten mitgeteilt, dass die Lage in Rumänien »überschaubar« sei, aus der Sicht der Regierung und des Bankensystems. Sie hätten empfohlen, dass das Parlament endlich ein Insolvenzrecht für Privatpersonen beschließen solle und darüber hinaus einen gesetzlichen Rahmen für den Dialog zwischen Banken und den Betroffenen.

»Man kann nicht mit den Banken individuell verhandeln. Wir brauchen eine gesetzliche Lösung«, meint dagegen Catalin Voizozeanu, Vertreter der »Gruppe der Kunden mit Franken-Krediten aus Rumänien«. Obwohl die Euro-Franken-Krise nicht vorüber ist und erst eine Bank den Kreditnehmern eine Lösung angeboten hat, scheint die rumänische Politik nicht mehr an dieser Lage interessiert.

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