Dreifachlösung für Mühlhausen

Thüringer Regierung: Industriegebiet in der Görmar-Kaserne kommt - trotz Asylheimplänen

  • Lesedauer: 3 Min.
Von Irritationen spricht Thüringens Wirtschaftsminister mit Blick auf die Probleme um die geplante dritte Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge im Land. Zeichnet sich jetzt eine Klärung ab?

Erfurt. Wohin mit dem geplanten dritten Erstaufnahmelager für Flüchtlinge in Thüringen? Die rot-rot-grüne Landesregierung sucht derzeit nach einem geeigneten Standort, die ehemalige Grömar-Kaserne in Mühlhausen gilt dabei als ihr Favorit. Doch am Montag beschloss der Stadtrat von Mühlhausen mit großer Mehrheit, die frühere Kaserne ausschließlich gewerblich zu nutzen. Flüchtlinge würden dort also vorerst nicht untergebracht, sagte Stadtsprecher Cristian Fröhlich am Dienstagmorgen der dpa. Das letzte Wort sei in der Hinsicht allerdings noch nicht gesprochen. Laut Fröhlich wäre es nach Gesprächen mit der Landesregierung trotzdem möglich, Flüchtlinge auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne unterzubringen. Wichtig sei aber, dass der Freistaat auch die wirtschaftliche Entwicklung von Mühlhausen fördere.

Noch am Dienstag versicherte Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), die Regierung halte trotz der geplanten Flüchtlingsunterkunft an der Entwicklung eines Industrie- und Gewerbegebiets in der Görmar-Kaserne in Mühlhausen fest. Dafür gebe es eine Finanzspritze von sieben Millionen Euro vom Land. Er räumte ein, dass es im Zusammenhang mit der geplanten Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge Irritationen gegeben habe, ob die gewerbliche Nutzung des ehemaligen Bundeswehr-Standorts aufgegeben werde. Das sei nicht der Fall. »Wir stehen zu unserem Wort«, sagte Tiefensee. Kommunalpolitiker signalisierten nach dem Streit und den Protesten gegen die Flüchtlingsunterkunft nun Kompromissbereitschaft.

Nach Angaben von Landesmigrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) muss die dringend gebrauchte dritte Erstaufnahmeeinrichtung nach den Vorgaben des Bundes mindestens 500, maximal 1000 Flüchtlingen Unterkunft bieten können. Die Einrichtungen in Suhl und Eisenberg reichten bei weitem nicht mehr aus.

Das Land hatte dem Bund das 35,4 Hektar große Areal in Mühlhausen, das im Zuge der Bundeswehrreform aufgegeben worden war, für rund 2,8 Millionen Euro abgekauft. Wenige Jahre vor ihrem Abzug habe die Bundeswehr noch 50 Millionen Euro in die Gebäude und Einrichtungen investiert, sagte Lauinger.

Für das Industriegebiet soll ein Großteil der vorhandenen Freifläche dienen. Zudem sollen Räume und Hallen für Gewerbeansiedlungen genutzt werden. Die Landesentwicklungsgesellschaft sei derzeit mit acht Unternehmen über eine Ansiedlung im Gespräch, sagte Geschäftsführer Andreas Krey. Am 1. Juli werde die Vermietung von Gewerberäumen beginnen. Tiefensee und Lauinger machten deutlich, dass die Regierung eine Dreifachlösung für das ehemalige Bundeswehrgelände favorisiert: Industrie- und Gewerbegebiet, Flüchtlingsaufnahme in noch von der Bundeswehr sanierten Kasernen sowie der Einzug der bisher an mehreren Standorten in Mühlhausen zersplitterten Kreisverwaltung. Diese Auffassung teilte auch der Landrat des Unstrut-Hainich-Kreises, Harald Zanker (SPD).

Laut Zanker soll es noch in dieser Woche »einen Vor-Ort-Termin auf dem Kasernengelände geben, um diese Optionen intensiv zu prüfen«, sagte er. Mühlhausens Oberbürgermeister Johannes Bruns erklärte, die Landesregierung müsse nun glaubhaft machen, dass eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge die Entwicklung der Görmar-Kaserne als Wirtschafts- und Verwaltungsstandort nicht unmöglich mache. Zudem verlangte er verbindliche Zusagen für die Stadt. »Wenn sich die Gespräche in diese Richtung entwickeln, wäre dies eine denkbare Lösung«, sagte Bruns. Voraussichtlich am kommenden Dienstag will nach seinen Angaben die Regierung endgültig über den Standort für die dritte Landeserstaufnahme entscheiden. dpa/nd

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