Athen ist der falschen Medizin überdrüssig

Griechischer Finanzminister betont Kompromissbereitschaft / Umfrage: 61 Prozent zweifeln am EU-Kurs

  • Vincent Körner
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Ringen um die von den Gläubigern blockierte Auszahlung von Geldern aus dem Kreditprogramm für Griechenland geht weiter.

Die Berliner Kritik an der SYRIZA- geführten Regierung hinterlässt ihre Spuren. Laut einer aktuellen Umfrage für das ZDF zweifeln drei von vier Bundesbürgern an dem, was gern »Reformwillen« genannt wird. Nur 19 Prozent glauben, dass Athen Maßnahmen »im vereinbarten Umfang« beschließen wird.

Genau dieser Umfang aber ist weiter umstritten: Die SYRIZA-geführte Regierung hat bereits eine umfangreiche Liste mit Reformplänen vorgelegt, mit denen sowohl die wirtschaftliche Misere als auch die soziale Notlage bekämpft werden sollen - unter Berücksichtigung von strengen Haushaltszielen. Den Gläubigern geht das aber nicht weit genug. Dem Vernehmen nach sind bei den Verhandlungen über die bisher blockierte Auszahlung von Geldern aus dem laufenden Kreditprogramm vor allem Forderungen nach Verschlechterungen bei den Renten, in Sachen Mehrwertsteuer-Reform und Privatisierungen umstritten. Die Ergebnisse solcher Auflagen hatten sich in dieser Woche in schlechten Wirtschaftszahlen für das Jahr 2014 gezeigt. »Wir sind dieser Medizin überdrüssig«, sagte der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis.

Am Rande einer Tagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington bekräftigte er die Kompromissbereitschaft Athens. Man schließe aber Maßnahmen aus, die der Wirtschaft schaden würden. SYRIZA wolle »die Fehler der Vergangenheit« nicht wiederholen und lehne eine auf Sozialkürzungen beruhende Krisenpolitik ab.

Zweifel am bisherigen Krisenkurs gegenüber Griechenland bestehen auch in der Bundesrepublik. Nur für 29 Prozent hat die EU in Sachen »Rettungspolitik« alles in allem eher gute Arbeit geleistet.

Varoufakis erklärte erneut auch, es sei das Ziel der Regierung in Athen, Griechenland in der Eurozone zu halten. Gedankenspiele über ein Ausscheiden nannte er »zutiefst anti-europäisch« - vor allem in Berlin waren immer wieder Stimmen laut geworden, die über einen »Grexit« spekulierten. Am Donnerstag betonte EU-Währungskommissar Pierre Moscovici abermals, es gebe keine Planspiele für den Fall eines griechischen Ausscheidens aus dem Euro.

Griechenlands Finanzminister erklärte, seine Regierung bemühe sich »in jeder wachen Stunde« um eine »ehrbare Vereinbarung« mit den Gläubigern. Laut der EU-Kommission kommt die sogenannte »Brüssel-Gruppe« ab Samstagnachmittag zu neuen Beratungen zusammen.

Athen hatte zuvor Berichte dementiert, denen zufolge man sich beim IWF über einen eventuellen Zahlungsaufschub erkundigt habe. Die Chefin des Währungsfonds, Christine Lagarde, war mit den Worten zitiert worden, dies sei »unpassend«, zudem habe der IWF seit 30 Jahren keinem Land einen Aufschub gewährt. Die SYRIZA-geführte Regierung hat bisher alle Verpflichtungen pünktlich erfüllt. Da die Gläubiger die Auszahlung von Milliarden aus dem Kreditprogramm blockieren, wird das Geld aber inzwischen immer knapper. Mit Agenturen

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal