Die Russen kommen
Klaus Joachim Herrmann über »Nachtwölfe« auf dem Weg nach Berlin
Der hysterische Schreckensruf »Die Russen kommen!« erschallt 70 Jahre nach Kriegsende in Deutschland. Dem Anrollen von ein paar Dutzend Bikern des Motorradclubs »Nachtwölfe« auf ihrer Gedenkfahrt stellt sich die Bundesrepublik mit gleich zwei Ministerien mutig entgegen - mit prinzipieller Abweisung und bürokratischen Winkelzügen. Ausgerechnet Berlin wacht gegenüber Moskau über die »Würde« dieses Jahrestages.
Als die Motorradfreunde noch illegal und antisowjetisch waren, wären sie wohl besser in den Westen gekommen, aber aus ihrer Union nicht heraus gelassen worden. Die »Nachtwölfe« sind keine in kriminelle Gewalt verstrickten »Hells Angels«. Gewiss muss niemand ein Freund des Männlichkeitstums auf donnernden PS sein, schon gar nicht von Nationalismus und Stalinverehrung. Aber besonders zur Last gelegt wird den Wölfen ja Nähe zum Kremlchef. Solches wäre einst nur etwas Verblüffung wert gewesen, unter Putin gilt es jetzt als schwerer Makel.
Missachtet wird allemal, dass ganz im Wortsinne Enkel der Sieger über den deutschen Faschismus unterwegs sind. Sie wollen wie die Sowjetarmee 6000 Kilometer von Moskau durch Ost- und Mitteleuropa bis Berlin-Treptow zum Tag des Sieges am 9. Mai zurücklegen. Sie reisen zu den Gräbern der Großeltern und ohne Kalaschnikows. Sie sollten willkommen sein.
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser*innen und Autor*innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.