Das süße Gift der niedrigen Zinsen

Martin Ling über die Gefahr einer neuen Schuldenkrise im Süden

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Konstellation ist verlockend: Lange war die Kreditaufnahme für Staaten nicht mehr so günstig wie derzeit. Der von den Nichtregierungsorganisationen Erlassjahr.de und Kindernothilfe publizierte Schuldenreport 2015 zeigt, dass momentan viele Länder, vor allem in Afrika südlich der Sahara, verstärkt Zugang zum internationalen Kapitalmarkt erhalten. Das ist weit weniger verbesserter Wirtschaftsaussichten dortselbst als vielmehr dem Kapitalmarkt selbst geschuldet: Die durch laxe Geldpolitik der führenden Zentralbanken bewirkte Kapitalschwemme führt zu einem Überangebot an Krediten im Verhältnis zur realen Investitionsnachfrage und damit kommt es zu sinkenden Zinsen.

So verlockend die Konstellation günstiger Zinsen ist, so gefährlich ist sie: Auch in den siebziger Jahren gab es Billigkredite en masse, weil die Öl exportierenden Länder ihre überreichlich fließenden Petrodollars anlegen wollten. Die Kredite hatten jedoch einen Haken: Variable Zinssätze bei langer Laufzeit. Variabel heißt schlicht, dass die Zinssätze an das Marktniveau angepasst werden. Und die US-Hochzinspolitik unter dem Präsidenten Reagan sorgte Anfang der achtziger Jahre für eine Verdoppelung des Zinsniveaus. Die Schuldenfalle schnappte zu.

Der Schuldenreport 2015 warnt vollkommen zu Recht, dass viele Länder im Globalen Süden Gefahr liefen, erneut in eine Schuldenkrise zu geraten. Denn auch bei den aktuellen Krediten gilt das Roll-over-Prinzip, das das Zinsrisiko dem Schuldner überhilft. Auch wenn die Zinsen vorerst niedrig bleiben dürften - die Rechnung kommt bestimmt. Die UNO-Vollversammlung sieht dies überwiegend auch so und hat sich 2014 mit 124 zu elf Stimmen für ein staatliches Insolvenzrecht ausgesprochen. Die Gegenstimmen kamen unter anderem von den USA und Deutschland.

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