Streiken gegen den Schwund
Fabian Lambeck über die Kritik des GDL-Chefs am DGB
Der 1. Mai ist längst nicht mehr nur der Kampftag der Arbeiterklasse, sondern dient den deutschen Gewerkschaften als Selbstvergewisserung. Sie sind die Interessensvertreter von mehr als sechs Millionen Mitgliedern. Noch, muss man da anfügen. Die Gewerkschaften leiden unter einem massiven Mitgliederschwund, der sich in letzter Zeit zwar etwas verlangsamt hat, aber kaum zu stoppen scheint. Seit 2003 mussten die im DGB organisierten Gewerkschaften mehr als eine Million Menschen aus ihren Karteien streichen.
Insofern scheint die Ermahnung von GDL-Chef Claus Weselsky, man solle sich beim DGB doch darauf konzentrieren, neue Mitglieder zu gewinnen, mehr als berechtigt. Vielleicht hat es sich der eine oder andere Vorsitzende tatsächlich »im System bequem« gemacht, wie Weselsky meint. Viel zu lange hat man beim DGB Lohnzurückhaltung geübt und ist dem neoliberalen Umbau der Republik nicht entschlossen genug entgegengetreten, auch weil er von einem SPD-Kanzler exekutiert wurde. Man wollte ein guter Sozialpartner sein und akzeptierte auch niedrige Tarifabschlüsse. Enttäuscht wendeten sich da viele Mitglieder ab. Insofern ist die entschlossene Tarifpolitik, die viele Gewerkschaften derzeit verfolgen, auch ein probates Mittel gegen den Exodus. Streiken gegen den Mitgliederschwund.
Wie man allerdings jene Millionen erreichen will, die in der digitalen Ökonomie sich selbst und andere ausbeuten, steht auf einem ganz anderen Blatt.
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