Merkels historische Nahost-Mission

Kabinett will 2400 deutsche Soldaten nach Libanon schicken - Linksfraktion sperrt sich

  • Lesedauer: 2 Min.
Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik werden bewaffnete deutsche Soldaten in den Nahen Osten entsandt. Die schwarz-rote Bundesregierung ebnete gestern den Weg für den Einsatz von bis zu 2400 Soldaten in und vor Libanon.
Berlin (ND-Heilig). Der Einsatz habe eine »historische Dimension«, betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die deutschen Einheiten sollen die libanesische Küste sichern und Waffenschmuggel verhindern. Das deutsche Hauptkontingent besteht laut Militärführung aus zwei Fregatten, vier Schnellbooten und drei Versorgern. Hinzu kommen 100 Soldaten für den Lufttransport, 400 für Führung und Logistik sowie 300 Soldaten als »planerische Reserve«. 100 Soldaten werden die libanesischen Streitkräfte beraten und ausbilden. Diffizil: Das deutsche Mandat erstreckt sich offenbar auch auf das libanesische Festland. Die auf den deutschen Schiffen »anzuheuernden« libanesischen Verbindungsoffiziere besitzen zudem kein Vetorecht beim Aufbringen verdächtiger Schiffe. Neben Deutschland werden in dem Marineverband im Rahmen der UN-Friedenstruppe UNIFIL Schiffe aus Schweden, den Niederlanden, Norwegen und Dänemark operieren. Die Kosten der deutschen Mission, die in rund drei Wochen beginnen soll, bezifferte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) auf rund 46 Millionen Euro im Jahr 2006 und weitere 147 Millionen Euro 2007. Der Bundestag wird am kommenden Mittwoch über die Libanon-Mission entscheiden. Am frühen Mittwochmorgen hatte die Kanzlerin die Chefs der im Bundestag vertretenen Fraktionen informiert. Laut SPD-Fraktionschef Peter Struck soll der Einsatz bis August 2007 befristet, aber verlängerbar sein. Die SPD stellt sich so wie der größere Unions-Koalitionspartner hinter die Entscheidung. Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast signalisierte eine mehrheitlichen Zustimmung ihrer Fraktion. Die FDP-Fraktionsführung sieht sich in ablehnender Haltung. Fraktionschef Guido Westerwelle hat grundsätzliche Bedenken und empfiehlt diese Position seiner Fraktion. Ein klares Nein zu der Nahost-Mission kam von der Linksfraktion. Fraktionschef Gregor Gysi erklärte, ein »militärisches Engagement Deutschlands verbietet sich aus historischen Gründen. Egal was passiert, die historischen Bezüge werden hergestellt.« Deutschland werde im Nahen Osten niemals als neutral angesehen werden, weil die Bundesregierung zwar zu Recht die Hisbollah kritisiert hat, aber deutlich weniger die israelische Regierung. Gysi betonte: »Außenpolitik darf nicht Militärpolitik sein. Mit der geplanten Teilnahme wird Deutschland nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Konflikts.« Auch Russland, das als eine bisherige Garantiemacht in Nahost bislang aus westlichen Überlegungen ausgespart wurde, will 400 Soldaten eines Pionierbataillons nach Libanon schicken - zum Wiederaufbau. Verteidigungsminister Sergej Iwanow bekräftigte die Absicht Moskaus, seine Soldaten nicht in UNIFIL einzugliedern. Das russische Bataillon solle drei bis vier Monate im Land bleiben. Ebenfalls gestern beschloss das Kabinett, den deutschen Militäreinsatz in Afghanistan um ein weiteres Jahr zu verlängern. Der Bundestag entscheidet darüber am 29. September. Das Mandat läuft am 13. Oktober aus. Angeblich sind derzeit auch wieder KSK-Soldaten in Kämpfen gegen die Taliban eingesetzt.
#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal