GDL zieht die Notbremse

Ab Dienstagnachmittag legen die Lokführer unbefristet ihre Arbeit nieder

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Der Streit zwischen Lokführergewerkschaft GDL und Deutscher Bahn kommt zu keinem Ende. Denn es geht um mehr als Tarifauseinandersetzungen.

Berlin. Am Mittwoch dürfte GDL-Chef Claus Weselsky von konservativen Politikern und Medien wieder zum Staatsfeind Nummer eins erklärt werden. Denn ab da will die Lokführergewerkschaft GDL wieder den Personenverkehr bestreiken. Bereits ab Dienstagnachmittag soll es zu Arbeitsniederlegungen im Güterverkehr kommen. Der Streik ist zunächst unbefristet. Die Gewerkschaft will das Ende des Arbeitskampfes erst 48 Stunden im Voraus bekannt geben.

Dass es sich bei dem Streit zwischen GDL und Deutscher Bahn nicht nur um Tarifauseinandersetzungen handelt, hat nun einem Zeitungsbericht zufolge auch die Bundesregierung zugegeben. Demnach hat das geplante Gesetz zur so genannten Tarifeinheit auch Auswirkungen auf das Streikrecht. Davor warnen Opposition und Experten seit langem. Auch eine Reihe von Gewerkschaften hat sich deshalb gegen die Pläne ausgesprochen. Beobachter haben stets hervorgehoben, dass die GDL in ihrem Arbeitskampf bei der Bahn auch die Frage des bedrohten Streikrechts politisieren würde.

Wie nun die »Süddeutsche Zeitung« schreibt, hat die Bundesregierung nur wenige Tage vor der Verabschiedung erklärt, das umstrittene Gesetz könne unter Umständen auch zur Einschränkung des Streikrechts führen. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Anette Kramme (SPD), habe auf Anfrage der Grünen-Politikerin Beate Müller-Gemmeke erklärt, die Prüfung eines Streiks durch ein Gericht »kann ergeben«, dass dieser »unverhältnismäßig sein kann, soweit ein Tarifvertrag erzwungen werden soll, dessen Inhalte evident nicht zur Anwendung kommen«.

Dies wäre dann möglich, wenn im Falle rivalisierender Gewerkschaften in einem Betrieb nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft Gültigkeit haben soll, welche die meisten Mitglieder hat. Einer kleineren Gewerkschaft könne also unter Umständen ein Arbeitskampf untersagt werden, da dieser dann »unverhältnismäßig« sei - heißt: Mit ihm würde ein Ziel verfolgt, das mit dem Streik gar nicht erreicht werden kann.

Derweil hat angesichts der erneut gescheiterten Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn Verkehrsminister Alexander Dobrindt die Lokführergewerkschaft vor einem neuen Streik gewarnt. »Mir fehlt das Verständnis dafür, wenn man sich nach monatelanger Tarifauseinandersetzung einer Schlichtung verweigert«, sagte Dobrindt der »Bild«-Zeitung. Er rief die GDL zum Einlenken auf und verlangte eine Schlichtung des Konflikts. »Verantwortungsvolle Tarifpartnerschaft verpflichtet auch zur Suche nach Kompromissen, das kann nur am Verhandlungstisch geschehen.«

Doch gegen dieses Schlichtungsverfahren, das auch die Deutsche Bahn (DB) will, wehrt sich die GDL. Seit fast einem Jahr versuche die Bahn, die GDL mit allen Mitteln in die Tarifeinheit zu zwingen, teilte die Gewerkschaft am Montag mit. So ist ihrem Chef Weselsky zufolge das alleinige Ziel der DB im Gesamtpaket einer Schlichtung, die Tarifpluralität »weggeschlichtet« zu bekommen. Klappt das nicht, soll der Tarifabschluss durch end- und ergebnislose Verhandlungen bis zum Inkrafttreten des Tarifeinheitsgesetzes im Juli 2015 verschleppt werden, sagte Weselsky und betonte, dass er im Auftrag der GDL-Mitglieder handele. »Sie sind es, die mit demokratischen Beschlüssen unsere Richtung bestimmen.«

Unterdessen erklärte der bahnpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Mattias Gastel, dass die Fahrgäste als Hauptleidtragende im Streit zwischen GDL und DB längst an ihrer Belastungsgrenze angekommen seien. Die Bundesregierung müsse sich ihrer Verantwortung in diesem Streik endlich bewusst werden und das den Tarifstreit anheizende Tarifeinheitsgesetz zurückziehen. »Und sie muss jetzt alles unternehmen, damit der Streit nicht weiter angeheizt wird, und ihren Beitrag zu einer konstruktiven Verhandlungsgrundlage leisten«, so Gastel. nd/Agenturen

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