Böller vor Asylunterkunft
Flüchtlinge in Freital von Demonstranten bedroht
Im sächsischen Freital ist es vor einem Heim von Asylsuchenden zu einem bedrohlichen Aufmarsch von Flüchtlingsgegnern gekommen. Bis zu 100 von ihnen belagerten am Montag ein ehemaliges Hotel, in das kurzfristig 280 Flüchtlinge eingewiesen werden sollen. Das »Leonardo« solle als Interimsquartier für die Erstaufnahme genutzt werden, wie die zuständige Landesdirektion Sachsen mitteilte. Unter den Protestierern vor dem Gebäude befanden sich nach Angaben des Kulturbüros Sachsens zahlreiche Neonazis und Hooligans. Bisher waren hier rund 100 Flüchtlinge des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge untergebracht. Mit den zusätzlichen Flüchtlingen soll ein Erstaufnahmelager in Chemnitz entlastet werden. Hier hatten die Behörden wegen Platzmangels Zelte errichten lassen.
Schon als am Samstag die Pläne für Freital bekannt geworden waren, kam es nach Angaben des Kulturbüros zu massiven Gewaltaufrufen in den sozialen Netzwerken. Die Stimmung eskalierte am Montagabend, als die ersten Asylsuchenden aus Chemnitz eintrafen. Nach Augenzeugenberichten wurden Böller und andere Feuerwerkskörper gezündet. Mehrere Augenzeugen berichteten gegenüber »nd« von Steinwürfen. Die Polizei beschrieb die Lage als angespannt. Sie war mit gut einem Dutzend Beamten vor Ort. Festnahmen oder Personalienfeststellungen gab es nicht.
Unter den Protestierern soll sich auch Pegida-Chef Lutz Bachmann befunden haben. Bereits seit März kommt es in Freital zu wöchentlichen Aufmärschen gegen die Asylunterkunft. Ein Forum zum Thema, zu dem Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) eingeladen war, wurde aus Sicherheitsgründen verschoben.
Andrea Hübler von der Opferberatung Dresden schildert die Lage in dem Ort: »Die Stimmung in Freital ist besorgniserregend. Allein im April und Mai gab es zehn Angriffe, darunter Körperverletzungen, Stein- und Böllerwürfe auf das Heim. Immer wieder versammelten sich Rassisten vor dem Heim.« Zum Glück habe es am Montag auch Menschen gegeben, die sich mit den Geflüchteten solidarisierten. Bis zu 40 Personen hatten sich schützend vor das Heim gestellt. Kommentar Seite 4
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