Verbot trifft die Falschen
Bernd Kammer würde das Betteln von Kindern verbieten – zu Halloween
Irgendwie muss man sich über die Prioritätensetzung des Senats schon sehr wundern: Verbietet das Betteln von Kindern. Dagegen ist an sich nichts zu sagen, doch trifft es mal wieder die Falschen. Armen Kindern bleibt doch in unserer Wohlstandsgesellschaft oft gar nichts anderes übrig, als um eine kleine Spende zu bitten.
Ganz anders diese kleinen Monster, die alljährlich im Spätherbst abends durch die Stadt toben und sich sogar Zugang zu Häusern verschaffen. Horden wilder Gestalten poltern dann durch die Treppenhäuser, klingeln an jeder Tür Sturm und verlangen mit piepsigen Stimmen »Süßes oder Saures«. Den verschreckten Bewohnern bleiben dann nur zwei Möglichketen: Entweder sie verbarrikadieren sich oder sie häufen Unmengen an Süßigkeiten in Türnähe auf, um die Quälgeister milde zu stimmen.
Wenn das nicht den »aggressiven, nötigenden Charakter« hat, mit dem der Senat sein Bettelverbot begründet, was dann?! Aber ausgerechnet diesen Freunden angloamerikanischen Brauchtums erteilt er einen Freibrief. Wahrscheinlich, weil es sich um den Nachwuchs der gut situierten Mittelschicht handelt und hier das Betteln nur ein Spaß ist, bei der Zielgruppe des Senats dagegen bitterer Ernst.
O.k., ein Verbot ist sicherlich in keinem Fall das richtige Mittel. Die einen müssten eher ins Bett, die anderen in die Schule geschickt werden.
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