In Schleierhaftung
Uwe Kalbe über die Gewohnheit, Flüchtlingen mit Misstrauen zu begegnen
Es gibt berufsbedingtes Misstrauen. Polizisten dürften eine typische Spezies sein. Und dass beim Exodus aus Kriegsgebieten Personen ihr Heil in der Flucht suchen, die vom Krieg geprägt sind, ist folgerichtig. Als Opfer, aber möglicherweise auch als Täter. Möglich, dass einige von ihnen später zur Gefahr für andere werden. Polizisten sollen dies nicht ausklammern.
Was nicht in Ordnung ist: Dass Flüchtlinge generell mit dem Misstrauen konfrontiert sind, sie seien potenzielle Gewalttäter, Kriminelle oder wenigstens Leute, die hiesige Kultur respektive hiesigen Wohlstand in Gefahr bringen. Dieses Misstrauen schlägt ihnen gleichermaßen von engstirnigen Bürgern wie von angeblich weitsichtigen Behörden entgegen. Schleierfahndung und erkennungsdienstliche Behandlung von Migranten in Bayern sind nur eine Schattierung davon. Wie in manchen Städten die Untersuchung der Genitalien von Flüchtlingen, denen man unterstellt, sich als Minderjährige auszugeben, um gemäß der UNO-Kinderrechtskonvention behandelt zu werden. Mit der Schleierfahndung verstößt Bayern gegen die Freizügigkeit des Schengen-Abkommens. Auch in Bayern, wo Flüchtlingen häufig eine beinahe gewalttätige Sprache offiziell entgegenschlägt, muss klar sein: Sie sind der Preis, den der Krieg fordert, sogar in scheinbar entfernten Ländern. Ihn, nicht die Flüchtlinge heißt es zu bekämpfen.
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