Mexikos Erdöl will fast keiner haben

Nur zwei von 14 Förderlizenzen fanden bei einer ersten Auktion einen Abnehmer

  • Andreas Knobloch
  • Lesedauer: 3 Min.
Fast 80 Jahre nach der Verstaatlichung des mexikanischen Energiesektors soll dieser wieder privatisiert werden. Ein erster Schritt in diese Richtung war ein Flop.

Fast 80 Jahre nach dem Rauswurf ausländischer Ölfirmen aus Mexiko endete am Mittwoch der erste Versuch, internationale Energiekonzerne wieder ins Land zu holen im Fiasko: In einem ersten Bieterverfahren, das das Ende des staatlichen Erdölmonopols markierte, sollten Förderlizenzen für 14 Öl- und Gasfelder im südlichen Golf von Mexiko versteigert werden. Doch Beteiligung und Ausbeute entwickelten sich nicht wie von der Regierung erhofft. Mexiko vergab gerade einmal zwei Förderlizenzen, angepeilt hatte es mindestens fünf.

»Wir sind weit hinter dem erwarteten Ziel zurückgeblieben«, erklärte Juan Carlos Zepeda, Präsident der Nationalen Kommission für fossile Brennstoffe (CNH). Von 25 Bietern nahmen fünf Einzelunternehmen und vier Konsortien an der Ausschreibung teil. Konzerne wie Exxon Mobil, Chevron oder die französische Total verzichteten auf Gebote; auch der staatliche Erdölkonzern Pemex blieb der ersten Vergaberunde fern. Insgesamt wurden sieben Angebote abgegeben, sie lagen aber größtenteils unter den von der mexikanischen Regierung festgelegten Mindestgeboten. Den Zuschlag für die beiden vergebenen Förderstätten vor der Küste der Bundesstaaten Veracruz beziehungsweise Tabasco erhielt das neugegründete mexikanische Unternehmen Sierra Oil & Gas, zusammen mit seinen Partner Talos Energy aus den USA sowie Premier Oil aus Großbritannien.

Die vor einem Jahr von Präsident Enrique Peña Nieto unterzeichnete Energiereform, die die Beteiligung in- und ausländischen Privatkapitals bei der Erschließung und Förderung der mexikanischen Öl- und Gasvorkommen erlaubt, ist in Mexiko politisch höchst umstritten. Nicht wenige wittern den Ausverkauf nationaler Ressourcen. Der Grandseigneur der mexikanischen Linken, Cuauhtémoc Cárdenas, kritisierte in der Tageszeitung »La Jornanda« die Versteigerung mit harschen Worten: »Mit dieser Aktion beginnt die Vollendung eines weiteren Verbrechens gegen das Vaterland.« Mexiko falle zurück in Zeiten der »Unterwerfung« wie vor der Verstaatlichung des Energiesektors.

Es war der Vater des heute 81-Jährigen, der damalige mexikanische Präsident Lázaro Cárdenas, der 1938 alle ausländischen Energiekonzerne enteignet und Erdöl und Erdgas verstaatlicht hatte. Bis zu der von Peña Nieto angestoßenen Reform hatte sich keine mexikanische Regierung getraut, dieses in der Verfassung verankerte Paradigma mexikanischer Energiepolitik anzutasten.

Sollte die erste Vergaberunde ein Fingerzeig sein, ob die Privatisierungsstrategie der Regierung aufgeht, sieht es eher düster aus. Statt der vom Staat anvisierten rund 17 Milliarden Dollar für die 14 Förderblöcke fließen nun gerade einmal 2,6 Milliarden. Allerdings gehörten die angebotenen Öl- und Gasfelder nicht zu den attraktivsten. Vier weitere Ausschreibungsrunden sollen folgen, die nächste am 30. September. Die Vergabe der Lizenzen für die Tiefwasserbohrungen im Gold von Mexiko im Dezember dürfte Beobachtern zufolge auf mehr Interesse stoßen. Dort werden große Vorkommen vermutet; die relative Nähe zu den US-amerikanischen Raffinerien und dem dortigen Markt dürften auch ein Vorteil sein.

Die Rahmenbedingungen aber sind unverändert schwierig: Der Ölpreis ist im Keller, der mexikanische Peso hat gegenüber dem Dollar massiv an Wert verloren und die Wirtschaft des Landes verzeichnet trotz zahlreicher Reformen nur mickrige Zuwachsraten. Ausländische Ölkonzerne haben zudem wiederholt ihre Besorgnis über den hohen Grad an Korruption im Land geäußert; die spektakuläre Flucht von Drogenboss Joaquín »el Chapo« Guzmán dürfte das Vertrauen in die staatlichen Institutionen nicht gerade gefördert haben.

Und durch den erfolgreichen Abschluss der Atomverhandlungen mit dem Iran dürften die Ölfördermengen steigen und den Preis niedrig halten, schätzte vor kurzem Alejandro Werner, Chefökonom für Lateinamerika beim Internationalen Währungsfond (IWF). Die Wachstumsprognose für das Land hat der IWF in der vergangenen Woche bereits nach unten korrigiert. Die erste Freude der Regierung über die Energiereform jedenfalls ist erst einmal verflogen.

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