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Südamerikas Antwort auf CNN

Fernsehsender Telesur feiert zehnjähriges Bestehen

  • Jürgen Vogt
  • Lesedauer: 3 Min.

Am 24. Juli 2005 war der Fernsehsender mit Sitz in Venezuelas Hauptstadt Caracas amerikaweit erstmals auf Sendung. Ort und Datum waren kein Zufall: Am diesem Tag wurde Lateinamerikas große Integrationsfigur Simón Bolivar in Caracas geboren. Unter dem offiziellen Name »Nueva Televisión del Sur« (»Neues Fernsehen des Südens«), kurz Telesur und mit dem Motto »Nuestro Norte es el Sur« (»Unser Kompass zeigt nach Süden«) ging der Fernsehsender in erster Linie als Konkurrent zu CNN und Univisión auf Sendung. Der Nachrichtenproduktion aus den nördlichen Nachbarländern sollte eine südliche Perspektive entgegengestellt werden.

Folgt man Telesurs Selbstdarstellung, dann geht es um eine »lateinamerikanische Kommunikation« mit sozialem Einschlag, die darauf ausgerichtet ist, den Einigungsprozess der Völker des Südens anzuführen und zu fördern. Süden wird als ein geopolitisches Konzept verstanden, dass den Kampf der Völker nach Frieden, Selbstbestimmung und die Achtung der Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit unterstützt.

Zu sehen gibt es rund um die Uhr fast jede Stunde 25 Minuten in erster Linie politische Nachrichten. Daneben Berichte aus Wirtschaft und Sport und Dokumentationen. Von der Sendestruktur ähnelt Telesur anderen Nachrichtensendern, inhaltlich liegt der Schwerpunkt selbstverständlich auf Lateinamerika. Anders ist Telesur bei der Einschätzung der Ereignisse.

Ein Beispiel ist der gesunkene Ölpreis, der gerade auch dem ölexportierenden Venezuela schwer zu schaffen macht. Hier wird im Wesentlichen die Position der venezolanischen Regierung übernommen, nach der die USA mit ihrem Fracking-Öl einen Krieg gegen Russland und Venezuela führen. Unterschiedlich ist auch die Wortwahl in Bezug auf Guerillagruppen wie die kolumbianische Farc, die nicht als Terroristischen tituliert werden. Anders war auch die Berichterstattung beim Putsch in Honduras 2009. Hier wurde der Linie gefolgt, die die Südamerikanische Staatengemeinschaft Unasur mit ihrer ablehnenden Haltung vorgegeben hatte.

Den Sender gemeinsam ins Leben gerufen hatten die Regierungen von Venezuela, Argentinien, Bolivien Kuba und Uruguay. 2007 traten Nicaragua und Ecuador bei. Dabei ist venezolanische Dominanz nicht zu übersehen. Telesur ist eine Aktiengesellschaft an der Venezuela seit Beginn die Mehrheit hält und bis heute finanziell den Löwenanteil beisteuert. Die Idee, das Projekt auch mit der Regionalmacht Brasilien auf die Beine zu stellen, scheiterte von Anfang an dem damaligen Gerangel zwischen Brasília und Caracas um die Vormachtstellung auf den südlichen Kontinent. Brasilien ging mit TV Brasil seinen eigenen Weg. Und während TV Brasil lange als Lula-TV verspottet wurde, galt Telesur lange als Chávez-TV.

Doch Telesur kämpft nicht nur mit seinem Image. In vielen Ländern ist der Sender weder über Antenne noch über Kabel zu empfangen. Der Internetauftritt ist denn auch der wichtigste Zugang zu ihm. Menschen zu finden, die bewusst und übers Fernsehen Telesur schauen, scheint ein aussichtsloses Unterfangen zu sein. Wie hoch allerdings die Quote derer ist, die sich über die Ereignisse in der Welt durch die Nachrichtensendungen von Telesur informieren, ist nicht bekannt. Telesur hat an der Dominanz der großen Medien wie CNN oder Univisión lediglich etwas kratzen können.

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