Denkzettel für Pablo Iglesias

Nur geringe Beteiligung bei Urwahl von Spaniens Linkspartei Podemos, da Kritiker des Generalsekretärs durch Abwesenheit glänzten

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Urwahlprozess der linken spanischen Partei Podemos zur Bestimmung der Landesliste für die kommenden Parlamentswahlen verlief ernüchternd: Nur 16 Prozent beteiligten sich.

Für eine Partei, die sich basisdemokratisch definiert, ist es ein Warnzeichen: Nur 16 Prozent der 385 000 eingeschriebenen Parteimitglieder von Podemos (Wir können es) fühlten sich bemüßigt, online ihre Stimme zur Listenwahl für die Parlamentswahlen im November abzugeben. Das riecht nach einem Denkzettel für die Galionsfigur Pablo Iglesias, der einen eigenen landesweiten Listenvorschlag einreichte, statt den Regionen die übliche Wahl von Landeslisten zuzugestehen, um der regionalen Vielfalt und Sonderinteressen Rechnung zu tragen.

Vorab hatten Basisgruppen von Podemos den Urwahlprozess hart kritisiert, dessen Ergebnisse am Freitag vorgestellt wurden. Sie befürchteten, dass das Vorgehen der Führung um Pablo Iglesias zu einer »Enttäuschung« statt zur Mobilisierung der Basis führen werde. Das Ergebnis gibt ihnen recht. An der Wahl von Iglesias zum Generalsekretär nahmen im vergangenen November noch 43 Prozent teil. Neben interner Kritik rührt die Ernüchterung bei einem Teil der Podemos-Anhänger für viele auch aus den Vorgängen bei der Schwesterpartei SYRIZA in Griechenland.

Die Ergebnisse der Urwahl fielen hingegen erwartungsgemäß aus. 82 Prozent der gültigen Stimmen sprachen sich für Iglesias als Kandidat fürs Ministerpräsidentenamt aus. Auch sein Listenvorschlag wurde bestätigt und damit der gewagte Kurs, sich Bündnissen zu verweigern, um mit der »Marke« Podemos allein zu gewinnen. Iglesias hat einer Zusammenarbeit mit dem neuen linken Basisbündnis »Ahora en Común« (Jetzt gemeinsam) eine Absage erteilt.

Auf regionaler Ebene zeigt sich Podemos kompromissbereiter. Bei den vorgezogenen Neuwahlen in Katalonien am 27. September tritt Podemos mit Ökosozialisten und Linken als »Catalunya Sí que es pot« (Ja, Katalonien kann es) und nicht als eigene Marke an. Damit soll in Katalonien die erfolgreiche Politik der »Bürgerkandidaturen« fortgesetzt werden, mit der auf kommunaler Ebene unter anderem die Rathäuser in Barcelona, Madrid, Saragossa erobert wurden. Die Begründung von Iglesias, warum er für dieses Bündnis ist: »Die politische Realität in Katalonien ist anders und für verschiedene Realitäten, verschiedene Lösungen.«

Iglesias steht nicht nur wegen der schroffen Abfuhren an das Bündnisangebot der »Vereinten Linken« (IU) oder »Ahora en Común« in der Kritik. Denn auch viele Podemos-Führungsmitglieder werben für ein breites Bündnis. Zudem wurde die Urwahl wegen fehlender Basisdemokratie kritisiert. Iglesias wolle die Fäden in der Hand behalten, weshalb er seine Liste »durchgedrückt« habe, so ein Vorwurf. Denn per Klick im Internet wurde nicht über einzelne Kandidaten entschieden, sondern Listen abgenickt. Dagegen hatten 8000 Parteimitglieder rebelliert, darunter Generalsekretäre aus Andalusien, Asturien und Navarra und Parteiführungen im Baskenland, Aragon, Madrid und Balearen.

Immerhin schaffte die Liste »Würde und Utopie« einen Achtungserfolg. Diego Cañamero, Sprecher der andalusischen Landarbeitergewerkschaft, und der ehemalige IU-Parlamentarier Juan Manuel Sánchez Gordillo kamen auf die Plätze 66 und 67 direkt hinter der Iglesias-Mannschaft und haben eine reale Chance, ins Parlament einzuziehen.

Lesen Sie online mehr über die Debatten in und um Spaniens Empörten-Partei unter: dasND.de/podemos

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