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Endspurt für Volksentscheid im Nordosten

Gegner der Gerichtsreform wollen Wähler mobilisieren

  • Lesedauer: 3 Min.

Schwerin. Knapp sechs Wochen vor dem Volksentscheid zur umstrittenen Gerichtsreform in Mecklenburg-Vorpommern machen die Initiatoren mobil. Mit Plakaten und Informationsblättern werben sie für die Teilnahme an der für den 6. September geplanten Abstimmung. »Wir wollen alle Haushalte erreichen. Denn es ist wichtig, dass möglichst viele Menschen teilnehmen«, sagte der Landesvorsitzende des Richterbundes, Axel Peters, in Schwerin. Für die Werbeaktionen seien Spenden von mehr als 50 000 Euro eingegangen. Beobachter verweisen darauf, dass der Ausgang des Volksentscheides für den beginnenden Landtagswahlkampf von Bedeutung sein wird. Das Land wird derzeit von einer SPD/CDU-Koalition regiert.

Der Richterbund und der Verein Pro Justiz hatten den Urnengang mit einem erfolgreichen Volksbegehren erzwungen. Mehr als die gesetzlich erforderlichen 120 000 Menschen hatten die Initiative mit ihren Unterschriften unterstützt. Beim Volksentscheid nun stimmen alle rund 1,4 Millionen Wahlberechtigten darüber ab, ob die von SPD und CDU beschlossene und zum Großteil schon umgesetzte Gerichtsreform wieder rückgängig gemacht wird. »Es ist paradox: Aber man muss mit Ja stimmen, wenn man gegen dieses Gesetz ist«, erklärte Peters.

Volksentscheide gehörten zu den wichtigsten Elementen der direkten demokratischen Mitbestimmung, so Peters. »Wenn keiner hingeht, würde das die Frage aufwerfen, wozu es solche Mittel überhaupt gibt.« Auch wenn die gesetzliche Hürde für einen endgültigen Erfolg sehr hoch sei, halte er dies nicht für unmöglich: »Wir werden bis zuletzt für unseren Vorschlag werben.« Ein Volksentscheid gilt nur dann als angenommen, wenn ein Drittel aller Wahlberechtigten zustimmt.

Laut Reformgesetz der Regierung sollen bis 2017 von den früher 21 Amtsgerichten fünf geschlossen und sechs in Außenstellen umgewandelt werden. Bislang wurden die Amtsgerichte Ueckermünde, Bad Doberan und Hagenow geschlossen. Parchim, Neustrelitz und Grevesmühlen wurden in Außenstellen anderer Amtsgerichte umfunktioniert. Am 31. August soll auch das Amtsgericht Wolgast aufgelöst werden.

Die Reformgegner können weiter fest auf die Unterstützung der Landtagsopposition aus Linkspartei und Grünen zählen. So rief auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Suhr dazu auf, das Stimmrecht zu nutzen und beim Volksentscheid mit Ja zu stimmen. »Ja heißt in diesem Fall Ja zum Gesetz zur Aufhebung der mit dem Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz beschlossenen Änderungen«, erklärte Suhr. Barbara Borchardt von der Linksfraktion zeigte sich gewiss, dass viele Menschen ihr Recht auf Mitwirkung wahrnehmen werden. »Die Bürgerinnen und Bürger lassen sich kein X für ein U vormachen und haben längst erkannt, dass diese Reform keinerlei Vorteile bringt und nur unnötig Geld kostet«, betonte sie. Den Koalitionsfraktionen von SPD und CDU warf sie vor, bisher alles dafür getan zu haben, den Volksentscheid scheitern zu sehen.

SPD-Fraktionschef Norbert Nieszery wies die Kritik zurück. Zudem seien die von Richterbund und Opposition geäußerten Bedenken, dass der Volksentscheid organisatorisch unzureichend vorbereitet werde, unbegründet. »Die Kommunen und ihre Gemeindewahlbehörden bereiten den Volksentscheid professionell vor und sorgen für einen ordnungsgemäßen Ablauf«, versicherte der SPD-Politiker. Seine Fraktion sei aber davon überzeugt, »dass die Gerichtsstrukturreform notwendig ist, um langfristig bedarfsgerechte und tragfähige Strukturen zu schaffen«. dpa/nd

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