Britischer V-Mann bleibt ein Rätsel

Behörden mauern bei Informationen über Wirken des Agenten Mark Kennedy

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.

Unter dem Alias-Namen Mark Stone spionierte der V-Mann von Scotland Yard, Mark Kennedy, jahrelang die linke Szene ganz Europas aus. Nachdem Großbritannien einen Sonderermittler eingesetzt hat, wird auch in Deutschland die Forderung nach Aufklärung laut. Zumindest in Großbritannien wird ein neuer Anlauf gemacht. Dort hat das Innenministerium den Richter Christopher Pitchford als Sonderermittler eingesetzt, um das Agieren von Kennedy und anderer V-Leute aufzuarbeiten. Dabei gibt es sicher viel zu tun. Schließlich war Kennedy auf Umwelt- und Antirassismusgruppen ebenso angesetzt wie auf Gewerkschaften und einen Politiker der Labourpartei. Die Aufarbeitung wird seit Jahren von Menschenrechtsgruppen in Großbritannien gefordert, nachdem der Agent 2010 aufgeflogen war.

Neben Großbritannien war Deutschland ein langjähriges Tätigkeitsfeld für den V-Mann. Beim G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 war er undercover aktiv, ebenso beim NATO-Gipfel 2009 in Baden-Baden. In vielen Städten hatte er Freunde, bei denen er übernachten konnte, und mit einer Berliner Aktivistin führte er eine Fernbeziehung. Doch über sein Agieren in Deutschland ist bisher wenig bekannt. Denn die Verfassungsschutzämter weigern sich, die Öffentlichkeit über Kennedys Agieren zu informieren. Dafür interessieren sich nicht nur die Linken, die Kennedy für ihren Genossen gehalten haben und belogen wurden. Auch Politiker der Grünen und der Linkspartei wollen wissen, was Kennedy hierzulande so trieb. Doch bislang wurden diese Forderungen ignoriert und der Fall Kennedy war aus der Öffentlichkeit weitgehend verschwunden.

Das könnte sich durch die Einsetzung des Sonderermittlers in Großbritannien ändern. Der Bundesabgeordnete der LINKEN Andrej Hunko schreibt in einem Brief an Pitchford, dass die Enttarnung von Kennedy auch in Deutschland große Resonanz ausgelöst habe. Dabei verweist er auf zahlreiche Presseartikel und erinnert an die vielen weiterhin unbeantworteten Fragen im Fall Kennedy. Hunko zitiert in seinem Schreiben aus einer Pressemitteilung seiner Parteifreundin Ulla Jelpke. Dort betonte die innenpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag, dass der Verdacht, Kennedy sei als Agent Provokateur aufgetreten und habe Straftaten inszeniert, nicht ausgeräumt werden konnte. Denn nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs von 2007 sind ausländische verdeckte Ermittler in Deutschland wie V-Leute zu behandeln - und nicht wie deutsche verdeckte Ermittler. Die Strafprozessordnung sieht für den Einsatz verdeckter Ermittler, etwa bei der Strafverfolgung, einen Richtervorbehalt vor, während der Einsatz von V-Leuten gesetzlich völlig ungeregelt ist. Daher ist es unklar, ob in Deutschland Aufklärung über Kennedys Wirken zu erwarten ist. Kommentar Seite 4

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