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Deutschland ringt um Gastfreundschaft

Wieder Angriffe auf Flüchtlingsheime / Bombendrohung gegen Berliner SPD-Zentrale

Während Rechtsextreme mit Brandanschlägen und Bombendrohungen auffallen, fehlt der Bundesregierung noch immer eine Strategie in der Asylpolitik.

Ein kleiner Lichtblick ereignete sich auf der deutschen Fregatte »Schleswig-Holstein«, die derzeit zur Flüchtlingsrettung im Mittelmeer eingesetzt wird. Auf dem Schiff hat eine Frau aus Somalia, die sich seit mehr als fünf Monaten auf der Flucht befindet, am Montag ein Kind geboren.

Ansonsten sorgten Rechtsextreme mit Brandanschlägen und Bombendrohungen am Dienstag wieder für Schlagzeilen. Ein Mülltonnenbrand vor einem Heim im sächsischen Döbeln in der Nacht zu Dienstag verlief glimpflich, Sicherheitsleute konnten Schlimmeres verhindern. Verheerend war dagegen ein Anschlag auf eine Sporthalle in Nauen unweit von Berlin, die in Kürze Asylbewerber beherbergen sollte. Das Gebäude brannte komplett aus, verletzt wurde jedoch niemand, teilte die Polizei mit. Seit Wochen gibt es in Nauen rechte Proteste gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Angesichts vieler Einschüchterungsversuche in Brandenburg appellierte die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige (LINKE) an alle Parteien, sich eindeutig und im Sinne einer menschlichen Flüchtlingspolitik zu positionieren.

Noch immer ringt Deutschland in der Asylpolitik um eine Strategie. Zwar hat mittlerweile auch Kanzlerin Angela Merkel die fremdenfeindlichen Ausschreitungen im sächsischen Heidenau verurteilt, doch ihr Statement hört sich eher nach einem Lippenbekenntnis an. Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, will die Regierungschefin am Mittwoch nach Heidenau fahren.

Die unmissverständlichen Worte des SPD-Chefs Sigmar Gabriel, der die Ausschreitungen vom Wochenende scharf verurteilt und die Akteure als »Pack« bezeichnete hatte, blieben indes nicht folgenlos: Seitdem erhält die SPD-Zentrale massenweise Hassanrufe und rassistische E-Mails. Am Dienstagnachmittag drohte ein Anrufer mit einem Bombenanschlag im Willy-Brandt-Haus, woraufhin die Parteizentrale für kurze Zeit geräumt wurde, bis die Polizei Entwarnung gab.

Eine weitere Bombendrohung gab es am Dienstag in der zentralen Flüchtlingsaufnahme in Berlin-Moabit. Die Polizei fand auf dem Gelände ein herrenloses Gepäckstück und räumte Teile des Heimes. Die Befürchtung eines Anschlags bewahrheitete sich aber auch in diesem Fall nicht.

Katrin Göring-Eckardt, die Vorsitzende der Grünen im Bundestag, beklagte jenseits der Anschläge und Drohungen in der Asyldiskussion den rauen Ton. Die Situation sei keine »Krise«, und es handele sich auch nicht um einen »Flüchtlingsstrom«, erklärte sie im Deutschlandfunk. Gerade die Spitze des Staates müsse andere Worte finden und den Menschen klarmachen, was es bedeute, wenn man aus einem Krieg flieht.

Die Flüchtlingsproteste waren in den letzten Wochen nahezu verstummt. Nun aber weigerten sich rund 50 Asylbewerber in Leipzig, nach Heidenau verlegt zu werden. Mehrere Hundert Menschen blockierten am Montag die Zufahrt zu einer Notunterkunft.

Seiten 4, 5, 9, 11 und 18

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