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Sachsens Politik in Panik

LINKE will »üblichen Wettbewerb« mit Koalition beiseite lassen

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Unter dem Eindruck der rassistischen Krawalle von Heidenau trifft sich Sachsens Landtag am Dienstag zu einer Sondersitzung zu Asyl. LINKE und Grüne streben einen Parteienkonsens an.

Der Umgang mit Flüchtlingen droht für Sachsen zur Zerreißprobe zu werden. Das zeigten die rassistischen Krawalle in Heidenau am vorigen Wochenende sowie frühere Proteste in Freital und Meißen, aber auch die Pöbeleien gegenüber Kanzlerin Angela Merkel bei deren Besuch der Notunterkunft in Heidenau. Während sich einerseits viele Ehrenamtliche für die Betreuung der Zuwanderer engagieren, wehrt sich ein nennenswerter Teil der Bevölkerung öffentlichkeitswirksam gegen deren Unterbringung.

Vor diesem Hintergrund trifft sich Sachsens Landtag am Dienstag zu einer Sondersitzung. Sie war von LINKEN und Grünen beantragt worden. Zuvor hatte die Regierung aus CDU und SPD verkündet, die Kapazitäten zur Erstaufnahme auf 13 500 Plätze aufzustocken. Das Vorhaben müsse auch im Parlament erörtert werden, forderten die Oppositionsfraktionen. CDU und SPD signalisierten Zustimmung. Nun hat auch die Regierung eine Sondersitzung beantragt. Die Minister für Inneres und Integration, Markus Ulbig (CDU) und Petra Köpping (SPD), sollen eine Regierungserklärung zur »Gesamtaufgabe Asyl« abgeben.

Vor allem Ulbig steht derzeit unter Druck. Grund dafür ist einerseits augenscheinliches Chaos bei der Suche nach Unterkünften und eine miserable Informationspolitik gegenüber den Kommunen. Zudem wird Ulbig unentschlossenes Handeln bei den Krawallen in Heidenau vorgeworfen. Selbst die eher konservative Tageszeitung »Welt« hatte seinen Rücktritt nahegelegt.

Attacken der Opposition muss Ulbig aber zumindest in der Sondersitzung wohl nicht fürchten. LINKE wie Grüne setzen derzeit eine andere Tonlage und appellieren zum parteiübergreifenden Konsens beim Thema Asyl. Man müsse »den üblichen Wettbewerb zwischen Regierung und Opposition an Tagen wie diesen beiseite lassen«, sagte LINKE-Fraktionschef Rico Gebhardt nach der Randale von Heidenau. Priorität habe im Freistaat momentan eine »humanitäre Umsetzung vorhandener Gesetzeslagen«. Grünen-Fraktionschef Volkmar Zschocke sagte, einen Konsens bei Fragen wie Aufnahme und Unterbringung anzustreben, sei »richtig und gut«.

Die Linksfraktion, die auf einer bis Freitag andauernden Klausur in Meerane ein eigenes Asylkonzept berät, will zum Beispiel Vorstöße zum Abbau von bürokratischen Vorschriften unterstützen, die der Schaffung neuer Unterkünfte entgegen stehen. Zudem regt sie an, örtliche Bürgerversammlungen parteiübergreifend zu organisieren, um »Bürgermeister nicht allein zu lassen«. Zuletzt zeigte sich in Heidenau, in welchem Maße Lokalpolitiker »Hass ertragen« müssen, wie die Bundeskanzlerin formulierte. Zschocke sieht inzwischen eine »regelrechte Pogromstimmung« im Freistaat, nachdem in Heidenau »ein Damm gebrochen« sei.

Ausklammern vom Parteienkonsens will Gebhardt die AfD. Diese habe sich in der Asylfrage »ins Abseits« manövriert, sagte er unter Hinweis auf eine von dieser organisierte Protestdemonstration in der vorigen Woche. Zudem stellte der LINKE-Chef klar, dass es mit der CDU weiter Differenzen bei dem Thema gebe: »Wir werden uns nie asylpolitisch einigen.« Wie zur Bekräftigung forderte CDU-Fraktionschef Frank Kupfer in der »Sächsischen Zeitung« eine Verschärfung von Regelungen gegenüber Flüchtlingen. Er plädierte für die europaweite Angleichung der Leistungen für Asylbewerber, was auf eine Absenkung in Deutschland hinausläuft, sowie konsequentere Abschiebungen. Der Fokus dürfe nicht allein auf guter Integration liegen: »Wir müssen aufhören zu träumen.« Das Angebot für einen »humanitären Konsens« bleibe trotz der Äußerungen bestehen, betonte die LINKE. Volkmar Zschocke forderte die CDU angesichts der Äußerungen aber zu einer »verantwortlichen Rhetorik« auf. Ressentiments zu schüren, »treibt die Bürger in die Arme von Pegida«.

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