Staatlicher Notstand

Wolfgang Hübner über Sachsens Umgang mit Flüchtlingen

Am Freitag durfte im sächsischen Heidenau zu guter Letzt doch ein Willkommensfest für Flüchtlinge stattfinden. Eine Selbstverständlichkeit war die Sache ganz und gar nicht: Dass demokratisch gesinnte Bürger Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten begrüßen, wurde zum Politikum - durch die zunächst bekundete Weigerung der Behörden, für die nötige Sicherheit zu sorgen. Verkleidet war sie als polizeilicher Notstand; man habe nicht genügend Beamte, hieß es.

Was sagt man den Bürgern mit einer derart demonstrativen Arbeitsverweigerung? Man sagt ihnen, dass sie mit ihrem Engagement für Asylbewerber und damit auch für das Grundrecht auf Asyl alleine dastehen. Dass der Staat vor den hetzenden, randalierenden Ausländerfeinden die Hände hebt. Dass die Behörden zwar Antifaschisten, die sich in Dresden der NPD entgegenstellen, mit jahrelangen Verfahren überziehen, Nazis sich aber weitgehend unbehelligt kriminell austoben dürfen. Dass ein Teil der Politik zwar Betroffenheit zelebriert, wenn Flüchtlinge angegriffen werden oder im Mittelmeer ertrinken, sich aber um Fluchtursachen nicht weiter schert und die Folgen der Bürokratie überlässt.

Die staatlich organisierte Unlust, sich nicht nur symbolisch, sondern konsequent mit Rassismus und Ausländerfeindlichkeit auseinanderzusetzen, findet in Sachsen ihren konzentrierten Ausdruck. Der Notstand sollte nicht über Heidenau, sondern über die sächsischen Behörden verhängt werden.

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