Klug, männlich, tolerant

Andreas Fritsche, ein zufällig meinungsbefragter Mitbürger

Ich bin kein herausragender Mensch, sondern ziemlich durchschnittlich. Das macht mir gewöhnlich überhaupt nichts aus - und nun gefällt es mir sogar. Denn ich bin genauso wie viele andere gebildete Berliner ein toleranter Mensch und käme selbstverständlich nicht im Traum darauf, irgendetwas dagegen zu unternehmen, wenn in meiner Nachbarschaft ein Asylheim eröffnet wird. Ich habe Abitur, bin mit Zuwanderern befreundet und auch noch keine 60 Jahre alt. Außerdem lebe ich in einem Haushalt mit gutem Einkommen. Menschen wie ich sehen Ausländer nicht als Bedrohung.

Ich habe auch nichts gegen Touristen in Berlin, weil ich selbst gern verreise. Mitte August war ich aber bereits zurück aus der Sommerfrische in Südfrankreich und Spanien. So konnte ich ans Telefon gehen, als eine freundliche Dame vom Meinungsforschungsinstitut INFO bei mir anrief und mich ausfragte. Daher weiß ich, dass es bei der Umfrage unter 1383 Berlinern nicht nur um Flüchtlinge und den Islam ging, sondern auch darum, ob sich die Hauptstadt von ihren Reisegästen genervt fühlt.

Nicht erst am Montag, als die Umfrageergebnisse veröffentlicht wurden, ist mir aufgefallen, dass ältere, ungebildete, männliche Ostberliner tendenziell fremdenfeindlicher eingestellt sind als andere Berliner. Leider ist das so. Das muss ich zugeben. Ich stamme selbst aus einfachen Verhältnissen und aus Ostdeutschland. Ich weiß, wovon ich spreche. Mir wäre es lieber, als toleranter Ossi so durchschnittlich und unauffällig zu sein wie als kluger Mensch.

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