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Eine weitere Klarstellung des BGH

Entschädigung nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG)

  • Frank Auerbach, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht
  • Lesedauer: 5 Min.
Zum wiederholten Male in den vergangenen Jahren hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit einem Entschädigungsfall zu einem dem Schuldrechtsanpassungsgesetz unterfallenden Nutzungsverhältnis befasst. Diesmal ging es um einen Garagennutzungsvertrag.

Der Sachverhalt

Der Kläger hatte zum Ende der DDR im Jahre 1990 eine Garage auf einem Grundstück erworben und einen Pachtvertrag abgeschlossen. Die Beklagte, eine Baugenossenschaft, hatte im Jahre 2006 zum Ende Februar 2007 das dem Schuldrechtsanpassungsgesetz unterfallende Nutzungsverhältnis gekündigt. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages war die Kündigungsschutzfrist für Garagen (31. Dezember 1999) bereits mindestens sieben Jahre verstrichen, somit auch die Investitionsschutzfrist gemäß § 12 Abs. 2 Satz SchuldRAnpG, so dass der Garagennutzer eine Entschädigung nur insoweit verlangen kann/konnte, soweit der Verkehrswert des Grundstücks durch das Bauwerk im Zeitpunkt der Rückgabe erhöht ist (§ 12 Abs. 3 SchuldRAnpG).

Die Genossenschaft hatte gleichzeitig mit der Kündigung dem Nutzer angeboten, die Garage weiter zu einer monatlichen (höheren) Miete zu nutzen mit der Maßgabe, dass beabsichtigt sei, »das Grundstück über einen Zeitraum von ca. drei Jahren als Parkplatz/Garagenfläche und anschließend mit einer erneuten Wohnbebauung zu nutzen«. Der Garagennutzer hatte dieses Angebot abgelehnt und die Garage an die Genossenschaft zurückgegeben, die diese dann anderweitig vermietete. Auch sieben Jahre nach der Kündigung, nämlich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beim Gericht, war eine Neubebauung des Grundstücks weder erfolgt noch absehbar.

Der Nutzer hatte schließlich im dritten Jahr nach der Beendigung des Vertrages eine Entschädigung gemäß § 12 Abs. 3 SchuldRAnpG eingeklagt, weil die Garage weiter tatsächlich als solche genutzt wurde und der beklagten Genossenschaft somit ein Ertrag aus dem Grundstück mit Garagenbebauung zugeflossen ist.

Die Entscheidung

Der BGH hat das Urteil des Berufungsgerichts bestätigt, das dem Garagennutzer eine Entschädigung in Höhe von 3400 Euro zugesprochen hat. Er hat klargestellt, dass eine Entschädigungspflicht des Grundstückseigentümers nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz für ein Bauwerk besteht, das er sich nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses vorübergehend zu Ertragszwecken nutzbar machen will bzw. nutzbar macht (BGH, Urteil vom 24. Juni 2015, Az. XII ZR 72/14).

Da die beklagte Genossenschaft die Garage des Nutzers nach Rückgabe anderweitig vermietet hatte, somit aus der Vermietung einen Ertrag erzielt hat, schuldet sie eine Entschädigung, soweit der Verkehrswert des Grundstücks durch dieses Bauwerk im Zeitpunkt der Rückgabe erhöht war (§ 12 Abs. 3 SchuldRAnpG). Dies jedenfalls im konkreten Falle, wo von vorn herein die als Zwischennutzung deklarierte Vermietung der Garage nicht nur auf kurze Dauer angelegt war. Dies war für den BGH eindeutig, da die Genossenschaft eine Weitervermietung für wenigstens drei Jahre vornehmen wollte, bevor eine beabsichtigte Wohnneubebauung beginnen sollte, welche allerdings immer noch nicht realisiert ist.

Der BGH hat anlässlich dieser Entscheidung nochmals seine Grundsätze zur Entschädigung nach § 12 Abs. 3 SchuldRAnpG bestätigt. Der danach zu entschädigende Wertzuwachs hängt wesentlich von der künftigen Art der Nutzung des zurückgegebenen Grundstücks ab. Dem Grundstückseigentümer ist aus entschädigungsrechtlicher Sicht eine weitgehende Dispositionsfreiheit eingeräumt, die Nutzung des zurückgegebenen Grundstücks zu ändern, um das Grundstück einer angemessenen wirtschaftlichen Verwendung zuzuführen.

So steht es dem Eigentümer grundsätzlich frei, unter Beibehaltung der bisherigen Grundstücksnutzung ein nicht mehr in ordnungsgemäßem Zustand befindliches Bauwerk unter Kostenbeteiligung des Nutzers abzureißen und durch ein neues zu ersetzen. In einem solchen Fall wächst dem Eigentümer durch das Bauwerk kein tatsächlich für ihn realisierbarer Wert zu, so dass ein nicht fortzunutzendes Bauwerk den Verkehrswert nach den Maßstäben des § 12 Abs. 3 SchuldRAnpG nicht erhöht.

Anders - wie hier -, wenn sich der Eigentümer dafür entscheidet, sich das Bauwerk - wenn auch nur vorübergehend - zu Ertragszwecken nutzbar zu machen, dann liegt eine entschädigungspflichtige Verkehrswerterhöhung durch das Bauwerk vor. Ob eine nur auf kurze Dauer angelegte Zwischennutzung des Bauwerks bei bereits feststehender alsbaldiger Nutzungsänderung des Grundstücks zu einer anderen Beurteilung führen würde, hat der BGH ausdrücklich offen gelassen.

Im konkreten Falle hat der BGH auch die Ermittlung der Verkehrswerterhöhung in Anwendung des Ertragswertverfahrens bestätigt, das immer dann sinnvoll und sachgerecht ist, wenn das zu bewertende Grundstück dazu bestimmt ist, nachhaltige Erträge zu erzielen. Demgemäß wurde aufgrund der mit der Garage zu erzielenden Erträge dem ehemaligen Nutzer eine Entschädigung in Höhe von 3400 Euro zugesprochen.

Fazit

Die Entscheidung des BGH stellt in Fortsetzung seiner Entscheidungen vom 15. Januar 2014 (Az. XII ZR 83/13) und vom 9. April 2014 (Az. XII ZR 161/13) klar, dass der Entschädigungsanspruch des Nutzers gemäß § 12 Abs. 3 SchuldRAnpG maßgeblich davon abhängt, für welche künftige Art der Nutzung sich der Grundstückseigentümer nach Rückgabe des Grundstücks entscheidet. Will er das konkrete Bauwerk des Nutzers nicht weiter nutzen, sondern abreißen lassen, fließt ihm kein tatsächlich für ihn realisierbarer Wert zu. Entscheidet er sich für eine - wenn auch nur vorübergehende, aber nicht nur ganz kurzfristige - Fortnutzung, so macht er sich das Bauwerk zunutze und ist grundsätzlich entschädigungspflichtig.

Diese Grundsätze können auch auf die Fälle der Datschennutzer übertragen werden, die mit Auslaufen des Kündigungsschutzes am 03. Oktober 2015 in den kommenden Monaten zunehmend präsenter sein werden.

Hatte der BGH allerdings bei seinen zurückliegenden Entscheidungen zu Nutzungsverhältnissen über Datschengrundstücke (BGH-Urteile vom 12. März 2008, vom 15. Januar 2014 und 9. April 2014) eine Entschädigungsberechnung nach dem Sachwertverfahren bejaht, scheint bei Übertragung der jetzt ergangenen Entscheidung auf Datschengrundstücke durchaus denkbar, dass bei Weitervermietung derartiger Grundstücke ebenfalls das Ertragswertverfahren zur Anwendung zu bringen ist.

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