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Appell: Fraport bei Griechenland-Deal an die Leine legen

Aufforderung an Abgeordnete: Hessen und Stadt Frankfurt sollen Flughafen-Konzern auf Arbeitsplatzsicherung und Infrastruktur-Erhalt festlegen / Auch Finanzierung unprofitabler Flughäfen soll sichergestellt werden

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Mit einem Offenen Brief an hessische Landtagsabgeordnete und die Stadtverordneten in Frankfurt am Main hat das Griechenland Solidaritätskomitee Rhein-Main gegen die erzwungene Privatisierung von Staatseigentum und Infrastruktur protestiert. Die Unterzeichner zeigten sich »empört und entsetzt darüber, dass die Fraport AG, mit Unterstützung auch durch den hessischen Ministerpräsidenten, die Erpressungspolitik der Europäischen Institutionen gegenüber der griechischen Regierung und Bevölkerung dazu nutzen will, um 14 Regionalflughäfen in Griechenland als Betreiber für 40 Jahre zu übernehmen«.

Kritik wird vor allem an CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier laut. Der Mache »die Ausplünderung der griechischen Bevölkerung offensichtlich zur Chefsache. Statt den Menschen in Griechenland zu helfen, beteiligt er sich tatkräftig daran, die Notsituation in Griechenland einseitig für die Unternehmensinteressen der Fraport AG auszunutzen«, heißt es in dem Appell.

Der Frankfurter Flughafenbetreiber hatte im August den Zuschlag für 14 griechische Regionalflughäfen erhalten. Der Gesamtkaufpreis für die Betreiberkonzessionen beträgt 1,234 Milliarden Euro. Bei den Flughäfen geht es um drei auf dem Festland, darunter in Thessaloniki, und elf Insel-Flughäfen, unter anderem auf Kreta, Korfu, Kos, Mykonos, Rhodos, Samos und Santorin. Alle 14 Flughäfen zusammen hatten 2013 laut Fraport ein Passagiervolumen von 19,1 Millionen Fluggästen.

Der Verkauf ist aber hoch umstritten, da sich das mehrheitlich in Staatsbesitz befindliche deutsche Unternehmen den Zuschlag in den Verhandlungen mit Griechenland über ein drittes Kreditprogramm extra hatte absichern lassen. Auch in der griechischen Regierung stand die Privatisierung unter scharfer Kritik. Noch gibt es keinen unterschriebenen Vertrag, weitere Gespräche stehen noch an. Fraport rechnete im August auch nicht damit, dass der Vertrag für das Betreiben der Regionalflughäfen noch in diesem Jahr unter Dach und Fach kommen wird.

In dem Offenen Brief des Griechenland Solidaritätskomitees werden die hessischen Landtagsabgeordneten und die Frankfurter »dringend« dazu aufgefordert, »die Vertreter des Landes Hessen und der Stadt Frankfurt im Aufsichtsrat der Fraport AG auf einen fairen Umgang mit Griechenland festzulegen«. In dem Konzerngremium sitzen Vertreter von CDU, Grünen und SPD aus Hessen sowie ein CDU-Staatssekretär aus dem Bundesverkehrsministerium. Als Mehrheitsaktionär könnten das Land Hessen und die Stadt Frankfurt am Main »über die grundsätzliche Richtung des Unternehmens« bestimmen.

Wer von Hilfe rede, wie es mit Blick auf Griechenland gern von Politikern getan werde, müsse dies dann »auch tun. Möglichkeiten gibt es, selbst nach Abschluss des Deals«, heißt es in dem Offenen Brief. Deren Unterzeichner erwarten, dass Landtag und Stadtverordnete »ihre Vertreter im Aufsichtsrat der Fraport AG darauf verpflichten, dass der weitere Erhalt und Ausbau der Flughäfen-Infrastruktur in Griechenland« als Ziel der Unternehmenspolitik des Konzerns festgelegt werde. Dazu gehöre auch, »dass gewerkschaftliche Vertretung und die Regelung der Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge anerkannt und befördert werden. Arbeitsplatzabbau verhindert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden«.

Doch es gibt noch ein über die gekauften Airports hinausreichendes Problem. Bisher wurden nicht profitable Flughäfen quersubventioniert. Der zuständige griechische Infrastrukturminister Christos Spirtzis hatte vor einigen Wochen erklärt, »bei dieser Privatisierung soll der griechische Staat 14 gewinnbringende Flughäfen verkaufen, und die anderen 30 Flughäfen, die keinen Gewinn machen und subventioniert werden müssen, bleiben beim griechischen Staat.« Dies sei »ein Modell, das so noch nirgendwo in Europa angewandt wurde. Das passt eher zu einer Kolonie als zu einem EU-Mitgliedsland«.

Das Griechenland Solidaritätskomitee fordert deshalb, dass Fraport sich daran beteiligt, Strukturen zu schaffen, »die beim griechischen Staat verbliebenen Flughäfen zu finanzieren, ohne die Schuldenlast zu erhöhen. Ein drohender Verfall der Infrastruktur muss verhindert werden. Investitionen müssen getätigt werden«, lautet eine weitere Forderung. Dafür trage nun auch Fraport die Verantwortung, auch wenn der Konzern nur die profitablen Flughäfen übernehmen wolle. Am kommenden Dienstag will das Komitee mit einer Aktion in der Nähe des hessischen Landtags erneut gegen den geplanten Privatisierungsdeal protestieren. nd

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