Das Anti-Assad-Dogma wackelt
Roland Etzel zur Syrien-Bemerkung von Angela Merkel
»Es muss mit vielen Akteuren gesprochen werden, auch mit Assad.« Was die Bundeskanzlerin zur Suche nach einem Ausweg aus dem Syrienkrieg in ihrer Regierungserklärung sagte, ist für sie neu, es ist aber richtig, weil es vernünftig ist: Soll ein Verhandlungsprozess zum Erfolg führen, bedarf es der Teilnahme aller maßgeblich involvierten Parteien.
Die Erkenntnis kommt spät. Und sie hätte wohl weiter auf sich warten lassen ohne die exorbitant gewachsene Zahl syrischer Kriegsflüchtlinge, die in Deutschland ankommen. Mit einer unmittelbar bevorstehenden Niederlage Assads ist aber nicht zu rechnen, auch nachdem Russland zu verstehen gegeben hat, dass es zu seinem Verbündeten steht und sich nicht so einfach vom nahöstlichen Schachbrett schieben lässt wie in Libyen. Und außerdem: Ein Zusammenbruch der Assad-Herrschaft und der dann zu erwartende Rachefeldzug der Sieger könnten den Exodus aus Syrien noch deutlich vergrößern.
Alle Syrien-Konferenzen scheiterten bisher an dem Dogma: Assad muss vorher weg. Will Berlin nun wirklich ein anderes Herangehen, dürfte es allerdings auf Granit beißen. Für andere mittelbar Kriegsbeteiligte wie Frankreich, die Türkei und die USA ist nicht zuerst Friedensschluss, sondern Regime-Wechsel in Damaskus, warum auch immer, ein Kernpunkt ihrer Geostrategie in der Region. Koste es, was es wolle. Den Preis zahlten ja andere.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.