Ein Roter sieht schwarz

Bürgermeister Uwe Klett (LINKE) in Fredersdorf-Vogelsdorf abgewählt

Die schwierige Situation der Linkspartei fordert ein erstes Opfer. Die LINKE hat im Berliner Speckgürtel bald einen Bürgermeister weniger.

»Ich hatte mir noch viel vorgenommen«, sagt Bürgermeister Uwe Klett (LINKE) am Montag. Unter anderem wollte er sich in die Diskussion um die Kommunalreform in Brandenburg einschalten. Aber am 1. Februar muss Klett nach acht Jahren seinen Platz im Rathaus von Fredersdorf-Vogelsdorf (Märkisch-Oderland) räumen. Dort wird politisch in Zukunft ein anderer Kurs eingeschlagen.

Am zurückliegenden Sonntag verlor Klett die Bürgermeisterwahl. 30,2 Prozent der Stimmen hat er erhalten. Damit lag er über den gegenwärtigen Möglichkeiten seiner Partei. Doch es reichte nicht. Martin Klemm (SPD) bekam 17,3 Prozent - und Thomas Krieger (CDU) siegte mit 52,4 Prozent. Eine Stichwahl ist gar nicht mehr erforderlich. Krieger wird neuer Bürgermeister. Der 43-jährige Politikwissenschaftler hat Erfahrungen als Büroleiter des Berliner Verkehrssenators gesammelt und ist zuletzt als Kommunikationsmanager für medizinische Fachgesellschaften und Unternehmen tätig gewesen.

Dass Krieger aus Bayern stammt, schadete ihm nicht. Die CDU warb damit, dass ihr Kandidat mit einer geborenen Fredersdorferin verheiratet sei und seit 2004 in der Gemeinde wohne. Klett dagegen pendelt mit der S-Bahn vier Stationen von Berlin-Mahlsdorf zur Arbeit und seine Ehefrau ist auch keine Fredersdorferin.

Aber das hat nach seiner Einschätzung nicht den Ausschlag gegeben. »Es war keine Personenwahl, sondern eine Parteienwahl«, erklärt Klett, der von 1994 bis 2006 schon Bezirksbürgermeister in Berlin-Hellersdorf beziehungsweise in Marzahn-Hellersdorf gewesen ist. Nach der Wende sei Fredersdorf-Vogelsdorf lange eine CDU-Hochburg gewesen und so sei es nun wieder. In der Gemeindevertretung haben konservative Kräfte ein deutliches Übergewicht. Außerdem ist Thomas Krieger ein »kompetenter, dynamischer Mann«, wie der unterlegene Klett anerkennt. »Das ist keine schlechte Wahl. Ich habe ihm gratuliert.« Klett wusste vorher, wie schwer es für ihn werden würde, gegen Krieger zu bestehen. Dennoch hatte er gehofft, es wenigstens in die Stichwahl zu schaffen.

Aber die LINKE durchläuft eine Schwächephase. Niemand kann sagen, wie lange diese Phase anhalten wird. Von 27,2 auf 18,6 Prozent ist die Partei bei der Landtagswahl 2014 abgestürzt. Zwar verbesserte sie sich in der jüngsten Umfrage leicht auf 20 Prozent. Doch um von einem positiven Trend zu sprechen, ist es noch zu früh. Gewöhnlich erlauben Landtagswahlen keine Rückschlüsse auf Bürgermeisterwahlen, die ihre eigenen Gesetze haben. Doch Bürgermeisterkandidaten schwächerer Parteien müssen besondere Bedingungen vorfinden, wenn sie sich durchsetzen wollen. Sie müssen beispielsweise bekannt und beliebt sein oder es muss in der Kommune eine ausgeprägte Wechselstimmung herrschen. Vor vier bis neun Jahren hatte die LINKE einen Lauf. Damals wurde nicht nur Klett überraschend Bürgermeister. Das schafften auch Holger Kippenhahn in Heiligengrabe, Klaus-Dieter Hartung in Hohen Neuendorf, Uta Barkusky in Müncheberg, Dagmar Püschel in Eisenhüttenstadt, Ute Hustig in Nuthetal und Karsten Knobbe in Hoppegarten.

Im März 2015 konnte Kippenhahn seinen Posten in Heiligengrabe verteidigen. Allerdings trat Kippenhahn, obwohl Genosse, für eine Wählergemeinschaft an, und Heiligengrabe liegt weit genug weg von Berlin. Uwe Klett schwant, dass Sozialisten im Berliner Speckgürtel künftig kaum eine Chance haben werden, eine Bürgermeisterwahl zu gewinnen. Es sei denn, es gelänge ihnen, Bündnisse zu schmieden. Im Umland der Hauptstadt lebt zunehmend eine bürgerlich orientierte Mittelschicht. Sie wächst durch immer mehr Familien, die aus Westdeutschland und Westberlin dorthin ziehen.

Das zeigt sich noch gar nicht einmal so deutlich in Fredersdorf-Vogelsdorf, das nahe der riesigen Ostberliner Plattenbaugebiete liegt, die traditionell Hochburgen der Sozialisten sind. Ganz klar ist das aber in der westlich von Berlin gelegenen Stadt Falkensee, wo es am Sonntag ebenfalls eine Bürgermeisterwahl gab. Hier erzielte Bürgermeister Heiko Müller (SPD) 38,8 Prozent, seine Herausfordererin Barbara Richstein (CDU) bekam 32,6 Prozent. Diese beiden gehen nun in zwei Wochen in eine Stichwahl. Ursula Nonnemacher (Grüne) bekam in Falkensee 13,4 Prozent, Andreas Breinlich (AfD) 9,5 Prozent. Das Schlusslicht bildet mit nur 5,7 Prozent Norbert Kunz (LINKE). Der wäre bereits mit einem zweistelligen Ergebnis zwischen 10 und 15 Prozent nicht unzufrieden gewesen.

Kunz erläutert, die Hälfte jener Wähler, die gewöhnlich in Falkensee die LINKE ankreuzen, habe angesichts des absehbaren Zweikampfs zwischen Heiko Müller und Barbara Richstein diesmal gleich für den SPD-Bewerber Müller gestimmt. Darunter litten im selben Maße auch die Grünen, die sich ein besseres Ergebnis erhofft hatten, analysiert Kunz.

Ein Problem für die LINKE ist das schrittweise Wegbrechen ihrer guten Verankerung in den Kommunen. Viele Genossen, die sich früher um die Sorgen der Bürger gekümmert haben, sind inzwischen zu alt dafür oder gestorben. 6944 Mitglieder zählte der Landesverband zum Stichtag 31. Dezember 2014. Damit blieb die LINKE zwar die mitgliederstärkste Partei im Bundesland. Doch vor zehn Jahren gab es in Brandenburg noch mehr als 10 000 Genossen. Die Neueintritte können die Verluste nicht kompensieren. Der Landesverband schrumpft weiter - aber nicht überall! Der Kreisverband Ostprignitz-Ruppin ist eine Ausnahme. Er wächst seit zwei Jahren. Auch zum Halbjahr 2015 konnte dort wieder ein leichtes Plus verbucht werden.

Dass ein Generationswechsel durchaus funktionieren kann, zeigte sich im Oktober 2014 in Wiesenburg (Potsdam-Mittelmark). Dort erzielte der junge Mario Beckendorf (LINKE) bei der Bürgermeisterwahl 67,3 Prozent. Damit konnte er die Nachfolge der langjährigen Bürgermeisterin Barbara Klembt (LINKE) antreten, die in den Ruhestand trat.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal