Junge Leipziger wollen mitentscheiden

Wie das neue Jugendparlament der sächsischen Messemetropole seinen Platz in der Kommunalpolitik finden möchte

  • Heidrun Böger, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.
Jugendparlamente sollen die Interessen der Kinder und Jugendlichen gegenüber den jeweiligen Gemeinden wahrnehmen. Hierzulande sind sie jedoch eher die Ausnahme als die Regel.

Das neu gegründete Jugendparlament im sächsischen Leipzig will sich für die Interessen der 14- bis 21-Jährigen stark machen. Das ist nicht einfach in einer Kommune mit über 560 000 Einwohnern. Für eine Großstadt ist das Jugendparlament bundesweit nahezu einmalig, üblicherweise gibt es vergleichbare Einrichtungen eher in kleineren Kommunen.

»Gerade haben sich Jugendliche aus Leipzig-Lößnig an uns gewandt, die gern eine Skaterbahn in ihrem Viertel hätten«, erzählt Marco Rietzschel (19): »Die haben sich sogar schon nach Grundstücken umgeschaut und Skizzen gemacht, wissen, wie die Bahn aussehen soll.« Genau für solche Initiativen will das Jugendparlament da sein, denn bisher war es schwer, in der großen Stadtverwaltung Gehör zu finden. Und auch im Stadtrat sind kaum junge Leute.

Zweimal im Monat tagt das Jugendparlament. Da es kein Rede- und Antragsrecht im Stadtrat hat, gibt es einen Jugendbeirat, der aus Vertretern des Jugendparlaments und aus Stadträten jeder Fraktion besteht. Dieser Beirat hat das wichtige Rede- und Antragsrecht in der Ratsversammlung. Marco Rietzschel: »Wir stehen noch relativ am Anfang.« Erst im März dieses Jahres wurde das Jugendparlament gewählt. Und zwar online. Über 32 000 Jugendliche der Stadt waren aufgerufen, unter 31 Kandidaten und Kandidatinnen 20 Jugendliche zu wählen. Ein Drittel der schließlich Gewählten ist weiblich, zwei Drittel sind männlich. Sie gehen zur Oberschule, zum Gymnasium oder sind Studenten. Der Jüngste ist 14, die Älteste 21. Und sie alle sind politisch interessiert wie Marco, der gerade ein freiwilliges soziales Jahr beim Stadtjugendring in Leipzig absolviert und Staatswissenschaften studieren will.

Als pädagogische Begleitung unterstützte der Stadtjugendring das Jugendparlament bei seiner Arbeit. Geschäftsführerin Corinna Graf: »Zwanzig frisch gewählte Jugendparlamentarier*innen müssen auch erst einmal zu einem Team zusammenwachsen und gemeinsame Arbeitsweisen finden.« Was geht, was nicht? Das Jugendparlament hat sich für den Erhalt der Straßenbahnlinie 9 zwischen Leipzig und Markkleeberg ausgesprochen, »denn gerade junge Leute fahren viel Bahn«. Sie unterstützen die Schüler des Max-Klinger-Gymnasiums in Leipzig-Grünau mit ihrer Forderung nach einer Sanierung des Gebäudes.

Junge Leute feiern im Sommer gern. So fiel der Mangel an Grillplätzen und Papierkörben in den Parks der Stadt auf. Mit einem entsprechenden Vorschlag wandte sich das Jugendparlament an die Verwaltung. Aber die Sache war bereits auf dem Weg: Der Papierkorb-Beschluss wurde im Juli gefasst, die SPD macht sich für die Grillplätze stark. Marco Rietzschel: »Daran sieht man, dass unsere Probleme gar nicht so weit weg sind von denen der Älteren.«

Wo liegen die Schwierigkeiten? »Für 20 ehrenamtlich engagierte Jugendliche ist es vor allem zeitlich gesehen schwer, die Kinder und Jugendlichen zu erreichen und für unsere Arbeit zu interessieren«, erklärt Rietzschel, der stellvertretender Sprecher des Jugendparlaments ist. So war die Beteiligung an der Online-Wahl im März 2015 mit etwa vier Prozent leider sehr niedrig. Andererseits zeigen Erfahrungen aus den westlichen Bundesländern, dass eine solche Interessenvertretung auch wachsen muss. In Marburg etwa gibt es ein großes und aktives Jugendparlament, das sich seit Jahren für die Interessen der Kinder und Jugendlichen stark macht. Da wollen auch die Leipziger hin.

Im Internet: www.leipzig.de/jugendparlament bzw. https://www.facebook.com/jupa.leipzig

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