Merkel: »Wir weinen mit ihnen«

Söder fordert nach Anschlag Maßnahmen gegen Flüchtlinge / Krisentreffen mit Kanzlerin und Gabriel in Berlin / Sicherheitsvorkehrungen in Berlin verschärft / Nach den Anschlägen von Paris: Fassungslosigkeit und Bestürzung in Deutschland

  • Lesedauer: 8 Min.

Update 21.20 Uhr: Tausende trauern am Brandenburger Tor
Nach den verheerenden Terroranschlägen in Paris haben in Berlin Tausende Menschen Trauer und Mitgefühl bekundet. Der Pariser Platz vor der französischen Botschaft verwandelte sich bis zum Samstagabend in ein wahres Blumen- und Kerzenmeer. Seit Anbruch der Dämmerung war das nahegelegene Brandenburger Tor in den französischen Nationalfarben Blau, Weiß und Rot angestrahlt. Wie die Polizei mitteilte, waren zur Spitzenzeit rund 2000 Menschen gleichzeitig am Platz.

Update 18.30 Uhr: Innenminister sehen keine Verbindung zwischen Anschlägen und Flüchtlingen
Der Chef der Länder-Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), sieht vorerst keinen Zusammenhang zwischen den Anschlägen in Paris und Flüchtlingen als mutmaßlichen Tätern. »Es gibt bisher keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese Terroranschläge in Verbindung zu Flüchtlingen stehen«, sagte der Innenminister von Rheinland-Pfalz nach Angaben eines Sprechers nach einer Telefonkonferenz der Innenminister. »Ich warne davor, vorschnelle Schlüsse zu ziehen.« Die Ressortchefs vereinbarten unter anderem eine sicherere Ausrüstung von Streifenpolizisten sowie eine Trauerbeflaggung.

Update 18.15 Uhr: Union bringt Bundeswehr ins Spiel
In der Union wird überlegt, ob neben Polizei und Geheimdiensten auch die Bundeswehr eine Rolle im Kampf gegen islamistischen Terror spielen könnte. Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Henning Otte, erklärte am Samstag, alle verfügbaren Mittel müssten in Betracht gezogen werden. »Wenn unsere Bundeswehr helfen kann, so sollte dies im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen geprüft werden.« Die Bundeswehr hat im Inland keine hoheitlichen Zwangs- und Eingriffsbefugnisse, sie kann also keine Polizeiaufgaben übernehmen.

Update 15.20 Uhr: Türkische Gemeinde verlangt klare Worte gegen Terror
Angesichts der Anschlagsserie in Paris fürchtet der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, eine neue Welle der Islam-Feindlichkeit. »Im Moment herrscht in Deutschland wegen der Flüchtlingskrise sowieso eine sehr angespannte Situation, und rechtspopulistische Gruppen wie Pegida oder die AfD werden das für sich ausnutzen«, sagte Sofuoglu der »Stuttgarter Zeitung«. »Sie werden sich in ihrer Anschauung und in ihren Argumenten bestärkt fühlen und damit auch noch lauter in der Öffentlichkeit auftreten«. Gleichzeitig forderte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, dass sich die Muslime in Deutschland und auch die muslimischen Verbände ausdrücklich gegen die Gewalt stellen. »Es ist an der Zeit, dass klare Worte gegen den Terror des Islamischen Dschihad formuliert werden«, sagte Sofuoglu. Fehl am Platz seien nun besänftigende Sätze in der Art, dass der Islam im Grunde eine Religion des Friedens ist und solche Gewaltexzesse nicht gutheißt. »Wir Muslime müssen den Terror jetzt entschieden und für jeden laut hörbar verurteilen.«

Update 15.15 Uhr: Özdemir warnt vor Stimmungsmache gegen Flüchtlinge
Grünen-Chef Cem Özdemir hat davor gewarnt, angesichts des Terrors in Paris Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen. Natürlich müssten Sicherheitsmaßnahmen überprüft werden, sagte Özdemir in Berlin dem »Tagesspiegel am Sonntag«. Aber »wenn rechte Fanatiker hierzulande jetzt die Flüchtlinge, die häufig selbst vor dem IS geflohen sind, zur Zielscheibe erklären, dann verhöhnen sie die Opfer in Paris nachträglich.«

Update 15.05 Uhr: Söder fordert Maßnahmen gegen Flüchtlinge
CSU-Mann Markus Söder verlangt auf Twitter Konsequenzen für die Flüchtlingspolitik in Deutschland: »#ParisAttacks ändert alles. Wir dürfen keine illegale und unkontrollierte Zuwanderung zulassen.« Es könne nicht sein, »dass wir nicht wissen, wer nach Deutschland kommt und was diese Menschen hier machen«, warnt er. »Diesen Zustand müssen wir mit allen Mitteln beenden.« Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) verlangt wie Seehofer strengere Sicherheitsvorkehrungen - und ein Ende der unkontrollierten Einreise von Flüchtlingen. Die dpa schreibt: »Es dürfte nur eine Frage der Zeit sei, bis die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) oder die Pegida-Leute mit derberen Worten in diese Kerbe hauen. Solche Reflexe hatte es schon nach den jüngsten Terrorattacken gegeben.«

Update 13.20 Uhr: Gabriel: Flüchtlinge dürfen nicht unter Terror-Debatte leiden
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat davor gewarnt, angesichts des Terrors in Paris Vorbehalte gegenüber muslimischen Flüchtlingen zu schüren. »Es suchen viele Menschen Schutz und Sicherheit in Europa«, sagte Gabriel am Samstag in Berlin. »Wir dürfen sie jetzt nicht darunter leiden lassen, dass sie aus den Regionen kommen, aus denen der Terror zu uns in die Welt getragen wird.« Der Vizekanzler betonte: »Auch vor ihnen stehen wir schützend - und werden dafür sorgen, dass sie nicht darunter zu leiden haben, dass Mörder in Frankreich unter dem Namen einer Religion die Menschen und Europa bedrohen.« Gabriel äußerte sich fassungslos über den Terror von Paris. »Dies schmiedet uns zusammen. Dieser Anschlag galt uns allen«, sagte er. »Der Terrorismus fordert das heraus, woran wir im Kern in Europa glauben.« Ein freier Staat sei immer verwundbar und verletzlich. »Trotzdem wollen wir ein offenes Land, eine offene Gesellschaft bleiben.« Diese Werte müssten umso entschlossener verteidigt werden, je mehr sie attackiert würden.

Update 12.15 Uhr: Linkpartei: Angriff auf unsere Demokratie
Die Vorsitzenden der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, haben die Terrorserie von Paris als »Angriff auf unsere Demokratie« bezeichnet. Die Anschläge seien »zutiefst verabscheuungswürdig. Das brutale Vorgehen der Täter ist menschenverachtend und Ausdruck barbarischer Gewalt. Unser tiefes Mitgefühl gilt den vielen Opfern und ihren Familien und Freunden«, hieß es in einer Erklärung.

Es stehe »zu befürchten, dass die Ereignisse von Paris auch in der Bundesrepublik von rechten Kreisen instrumentalisiert werden, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen und diese unter Generalverdacht zu stellen. Dies darf nicht passieren. Es ist die Verantwortung eines demokratischen Staates, entschieden gegen terroristische Bedrohungen vorzugehen, ohne Demokratie und freiheitliche Grundrechte in Frage zu stellen. Gleichzeitig ist es unabdingbar, sich konsequent mit den Ursachen des Terrors auseinanderzusetzen«, so Wagenknecht und Bartsch.

Linkenchefin Katja Kipping sagte, »meine Gedanken sind bei den Opfern und Angehörigen der abscheulichen Attentate in Paris. Lassen wir jetzt nicht den Hass in unsere Herzen.«

Update 11 Uhr: Krisentreffen mit Merkel und Gabriel in Berlin
Nach den Terroranschlägen von Paris will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem Krisentreffen mit ihren zuständigen Ministern über mögliche Konsequenzen beraten. Das kündigte Merkel am Samstag an. Nach dpa-Informationen ist die Sitzung für 13.00 Uhr im Kanzleramt angesetzt. Daran sollen unter anderem Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Innenminister Thomas de Maizière (CDU), der Chef des Bundeskanzleramtes, Peter Altmaier (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) teilnehmen. Die Kanzlerin sagte einen Auftritt beim Landesparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommern in Binz ab. Auch de Maizière, Gabriel und Altmaier verzichten auf die geplante Teilnahme an Parteiveranstaltungen. Der Bundesinnenminister will im Laufe des Tages auch mit den Vertretern der Sicherheitsbehörden des Bundes in Berlin über Konsequenzen aus den Attentaten beraten.

Update 10.55 Uhr: Sicherheitsvorkehrungen in Berlin verschärft
Angesichts der Anschlagsserie in Paris hat die Polizei in Berlin ihre Sicherheitsvorkehrungen insbesondere bei französischen Einrichtungen verstärkt. »Wir haben unsere Schutzmaßnahmen noch in der Nacht angepasst«, sagte eine Sprecherin der Polizei am Samstag. Zur Art und Weise wollte die Polizei keine Einzelheiten nennen. Die französische Botschaft am Pariser Platz wurde abgesperrt. Die Flaggen wurden auf Halbmast gesetzt.

Update 9.30 Uhr: Merkel: »Wir weinen mit ihnen«
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Terroranschläge in Paris verurteilt und ihr Mitgefühl für die Opfer bekundet. »Hinter uns liegt eine der schrecklichsten Nächte, die Europa seit langer Zeit erlebt hat. Die Menschen in Paris müssen einen Alptraum von Gewalt, Terror und Angst durchleiden, und ich möchte ihnen und allen Franzosen heute von hier aus vor allem eines sagen: Wir, die deutschen Freunde, wir fühlen uns Ihnen so nah. Wir weinen mit Ihnen. Wir werden mit Ihnen gemeinsam den Kampf gegen die führen, die Ihnen so etwas Unfassbares angetan haben«, sagte die CDU-Vorsitzende am Samstagmorgen in Berlin.

Nach den Anschlägen: Fassungslosigkeit und Bestürzung

Berlin. Die Anschläge von Paris mit mehr als 120 Toten haben in Deutschland Fassungslosigkeit und tiefe Bestürzung ausgelöst. Schon in der Nacht zum Samstag hatte Bundespräsident Joachim Gauck erklärt, er sei tief erschüttert angesichts der Nachrichten aus Frankreich. »Meine Gedanken sind bei den Opfern, Ihren Angehörigen und dem französischen Volk.«

Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, sie sei »tief erschüttert über die furchtbaren Anschläge in Paris. Meine Gedanken sind bei den Opfern und den Menschen in Frankreich.« Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow reagierte mit Trauer und Bestürzung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in der Nacht zum Samstag, ihre Gedanken seien bei den Opfern der offensichtlich terroristischen Angriffe, ihren Angehörigen sowie allen Menschen in Paris. »Die Bundesregierung steht in Kontakt mit der französischen Regierung und hat ihr die Anteilnahme und Solidarität der Menschen in Deutschland übermittelt«, fügte die Kanzlerin hinzu. Kanzleramtschef Peter Altmaier erklärte, »wir weinen um die unschuldigen Toten von Paris. Aber wir werden uns niemals beugen dem Hass, dem Fanatismus und der Gewalt!«

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte: »Wir sind mit unseren Gedanken bei unseren französischen Freunden und den Familien der Opfer.« Er stehe in engem Kontakt mit den französischen Kollegen und habe Hilfe durch deutsche Spezialkräfte angeboten.

Das Außenministerium in Berlin hat noch keine Gewissheit, ob unter den Opfern der Terroranschläge von Paris auch deutsche Opfer sind. »Das Auswärtige Amt hat noch am Abend einen Krisenstab eingerichtet, der mit der Botschaft Paris und den französischen Behörden die ganze Nacht über in Kontakt stand«, sagte ein Sprecher am Samstagmorgen in Berlin. Die nächste Sitzung des Krisenstabes sei für den Vormittag geplant. Agenturen/nd

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